Mindestlohn:Nahles droht der Union indirekt mit Koalitionsbruch

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Die SPD reagiert zunehmend gereizt auf die schlechten Umfragewerte. Nach der Attacke von Parteichef Beck greift nun SPD-Präsidiumsmitglied Nahles die Union an. Zusätzlichen Verdruss bereitet den Sozialdemokraten das Abwandern von Jusos zur Linkspartei.

Eine Woche vor dem entscheidenden Koalitionstreffen zeigen sich Union und SPD im Streit über die Einführung von Mindestlöhnen unnachgiebig.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers forderte in der Berliner Zeitung, die CDU müsse ihre klare und harte Position durchhalten, "und die ist: Mit der Union kann es keine gesetzlichen Mindestlöhne geben". Die Politik müsse sich aus der Lohnfindung heraushalten. Es könne nicht sein, dass die Höhe von Gehältern nicht mehr von der Produktivität des Betriebes oder von der Leistung des Arbeitnehmers abhänge.

SPD-Präsidiumsmitglied Andrea Nahles warnte die Union vor einer Blockade beim Thema Mindestlohn. Hier bedürfe es dringend einer Entscheidung in der Sache, sagte sie der Frankfurter Rundschau. "Da muss in einer großen Koalition jede Partei einmal über ihren Schatten springen."

Die Ausweitung des Entsendegesetzes auf weitere Branchen bezeichnete sie als absolutes Minimum. Die Entscheidung dazu müsse im Einzelfall die Bundesregierung treffen, die Arbeitgeber dürften hier kein Vetorecht erhalten. "Wenn es nun aber nicht mehr möglich ist, in der Sache zu entscheiden, dann ist eine Koalition an einem schwierigen Punkt angekommen", so Nahles weiter.

Fünf niedersächsische Jusos wechseln zur Linkspartei

Der SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner sagte der Thüringer Allgemeinen, ein gesetzlicher Mindestlohn sei nötig, um gegen die wachsende Zahl der Hartz-IV-Aufstocker anzugehen. "Das Problem der Aufstocker resultiert aus zu niedrigen Löhnen, vor allem im Osten", wird er zitiert. Anreizeffekte von Hartz IV zur Arbeitsaufnahme würden unterlaufen, wenn die Löhne zu niedrig seien.

In ihrer Sitzung am 18. Juni wollen die Koalitionsspitzen im Mindestlohnstreit einen letzten Einigungsversuch starten. Ein Kompromiss ist bisher nicht erkennbar. Die SPD hatte am Wochenende angekündigt, das Thema in den Landtagswahlkämpfen im nächsten Jahr an vorderste Stelle rücken zu wollen.

Neben dem Ärger um den Mindestlohn hat die SPD auch große innerparteiliche Probleme. So wollen fünf Juso-Führungskräfte der niedersächsischen SPD in die Linkspartei eintreten, darunter die frühere Landesvorsitzende Jannine Elaine Hamilton, berichtet die Neue Osnabrücker Zeitung. Die 28-Jährige gibt "perspektivische Fehlentwicklungen in der SPD" als Motiv an. Die Partei sei inzwischen "ideologie- und utopielos" und habe mit ihrem Bremer Entwurf für ein neues Grundsatzprogramm endgültig mit dem Prinzip des demokratischen Sozialismus gebrochen, sagte sie der Zeitung.

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