Milosevic:Rätsel letzte Ruhestätte

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Wo der verstorbene Diktator beigesetzt wird, ist umstritten - ein Staatsbegräbnis ist aber ausgeschlossen,

Bernhard Küppers

Die Todesanzeige stand am Montag ganzseitig in der Belgrader Politika, aber die Trauergemeinde weiß noch nicht, wo das Begräbnis stattfindet. "Bei der Verteidigung Serbiens ist tragisch unser Präsident verschieden", teilte die Sozialistische Partei Serbiens über dem Foto Slobodan Milosevics mit.

Wo soll seine letzte Reise beginnen? Das Bild zeigt Slobodan Milosevic am Tag der jugoslawischen Präsidentenwahl 2000. (Foto: Foto: dpa)

"Serbien und die Sozialistische Partei Serbiens sind stolz, dass er uns geführt hat. Die Geschichte würde uns niemals verzeihen, wenn wir von dem abließen, wofür er gekämpft hat." Der Tod des einstigen Präsidenten Serbiens und Rumpf-Jugoslawiens in der Haft hat die Regierenden in Belgrad in einige Verlegenheit gestürzt. Der Machthaber, der im Juni 2001 an das Haager Tribunal ausgeliefert wurde, kehrt unversehens ohne Urteil und verbüßte Strafe als Leiche zurück.

Milosevics Sozialisten und die Radikalen, Serbiens stärkste Partei, deren Vorsitzender Vojislav Seselj in Den Haag noch auf seinen Prozess wartet, suchen das Beste für sich daraus zu machen. Sie fordern ein Staatsbegräbnis, und das im Beisein von Milosevics Witwe Mira Markovic.

Belgrad oder Pozarevac

Am Montag wurde klar, dass Milosevics Sohn Marko die Leiche in Den Haag entgegennimmt. Milosevics Anwalt, Zdenko Tomanovic, teilte zudem mit, die Familie wünsche eine Beerdigung in Belgrad. Das war zunächst gar nicht klar gewesen. Noch am Montag war einem Interview der Belgrader Zeitung Vecernje Novosti zu entnehmen, dass Mira Markovic, wenn es nach ihr ginge, ihren Mann im gemeinsamen Heimatort Pozarevac beisetzen würde,

Die Sozialisten ihrerseits hatten gleich nach dem Tod ein Staatsbegräbnis in der "Allee der Großen" auf dem Belgrader Neuen Friedhof gefordert. Milosevics Tochter Marija, die bei der Verhaftung ihres Vaters im Frühjahr 2001 um sich geschossen hatte und sich dann nach Montenegro verzog, schlug am Wochenende eine Beerdigung auf einem dortigen Friedhof vor.

Haftbefehl gegen die Witwe

Sie nannte die Ortschaft Tuzi Ljevorecki, wo Milosevics Vater Svetozar nach seinem Selbstmord die letzte Ruhe fand. Sie hatte damit auf angebliche Erwägungen in der Familie über ein Begräbnis in Moskau geantwortet. Dort leben offenbar Milosevics Frau und Sohn in einem Moskauer Prominentenvorort.

Der serbische Präsident Boris Tadic sprach sich mit einem Hinweis auf die Rolle, die Milosevic gespielt habe, gegen ein Begräbnis mit staatlichen Ehren aus. Er verweigerte auch eine Begnadigung von Mira Markovic, wie sie die Radikalen gefordert hatten. Denn gegen Milosevics Witwe besteht ein serbischer Haftbefehl und eine internationale Fahndung, weil sie dem Kindermädchen ihres Enkels durch Begünstigung eine Wohnung beschafft haben soll.

Der Belgrader Bürgermeister Nenad Bogdanovic befand Milosevic ungeeignet für eine Beerdigung in der "Allee der Großen". Der Verteidigungsrat von Serbien-Montenegro untersagte zudem eine protokollarische Beteiligung der Armee. Die Regierung des Ministerpräsidenten Vojislav Kostunica wartete noch, dass die Familie ihre Wünsche mitteilt.

© SZ vom 14.3.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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