Merkel trifft Spitzenmanager:Kennenlernen beim Reitturnier

Lesezeit: 2 min

Industrie und Kanzlerkandidatin haben großes Interesse an der Zusammenkunft.

Nina Bovensiepen

Angela Merkel ist nicht als Pferdenärrin bekannt und insofern ist es ein ungewöhnlicher Termin, den die CDU-Chefin an diesem Samstag wahrnimmt.

Bei dem internationalen Reitturnier Chio in Aachen besucht die Kanzlerkandidatin eine "Springprüfung mit Pferdewechsel".

Ein fachkundiger Begleiter ist an ihrer Seite: Jürgen Thumann, bis vor kurzem Präsident der Deutschen Reiterlichen Vereinigung und außerdem amtierender Präsident des Bundesverbandes der Industrie (BDI).

Networking beim Mittagessen

Der mächtige Lobbyist, der selbst einmal den dritten Platz im Vierer-Gespann bei den deutschen Meisterschaften gewonnen hat, bringt Merkel vor der Springprüfung bei einem Mittagessen mit gut einem Dutzend deutscher Wirtschaftsbosse zusammen.

In Aachen trifft sich so am Samstag einige Prominenz: Siemens-Chef Klaus Kleinfeld, der Metro-Vorstandsvorsitzende Hans-Joachim Körber, Jürgen Hambrecht von der BASF, Ekkehard Schulz von ThyssenKrupp, Eon-Vorstand Burckhard Bergmann sowie einige Mittelständler haben sich für das von Thumann kurzfristig eingefädelte Treffen angesagt.

Ein Interesse an der Zusammenkunft von Industrie und Kandidatin dürften beide Seiten haben. Merkels Image könnte es nützen, wenn sie öffentlich demonstriert, dass nicht nur der Kanzler mit den Mächtigen in den Vorstandsetagen kann.

Die CDU-Vorsitzende pflegt zwar seit langem Kontakt zu wichtigen Wirtschaftsvertretern, zum Beispiel zu dem früheren Siemens-Chef Heinrich von Pierer. Anders als Gerhard Schröder, der das Bild vom Auto- und Rotweinkanzler durchaus mediengerecht pflegte, tat sie dies bislang aber sehr diskret.

Für viele Bosse ist Merkel deshalb ein unbeschriebenes Blatt. Sie wissen nicht, was sie von ihr halten sollen und was sie von ihr im Falle eines Wahlsieges erwarten können.

Punkten mit Atomkraftwerken

"Die Manager können Frau Merkel einen Eindruck vermitteln, wie es in Deutschland aufwärts gehen kann", heißt es in Teilnehmerkreisen. Für das Treffen liegt keine Tagesordnung mit Sachthemen vor, geplant sei ein lockerer Gedankenaustausch, ist zu hören. Dabei werden mit Sicherheit die Pläne von Merkels neuem Steuerfachmann Paul Kirchhof eine Rolle spielen - teilnehmen wird der parteilose Experte an dem Treffen aber nicht.

BDI-Chef Thumann ließ vorab schon einmal wissen, dass er von einem Finanzminister Kirchhof eine deutliche Vereinfachung des Steuersystems erwarte. Punkten dürfte die CDU-Chefin bei den Wirtschaftsvertretern mit den Plänen der Union, längere Laufzeiten für Atomkraftwerke zu erlauben. Kritische Fragen könnten dagegen zu der geplanten Mehrwertsteuererhöhung kommen.

Insgesamt darf die Kandidatin aber mit wohlwollender Stimmung rechnen. Obwohl viele Manager den amtierenden Bundeskanzler für sympathischer halten, trauen sie der CDU-Chefin mehr zu.

Die Wirtschaft setzt darauf, dass ein Wahlsieg der Union der Konjunktur ein wenig Schwung verleiht. Die Mehrheit der Führungskräfte hält Merkel laut den letzten Umfragen inzwischen auch für kompetenter als Schröder.

© SZ vom 27.8.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: