Merkel lehnt Glos' Rücktritt ab:Ohne Glos nichts los

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Michael Glos will seinen Posten aufgeben - aber nach CSU-Chef Seehofer weigert sich nun auch die Bundeskanzlerin, den Wirtschaftsminister gehen zu lassen. Genauso sieht das Vizekanzler Steinmeier von der SPD. Aber ein möglicher Nachfolger Glos' bekundet öffentlich sein Interesse.

Die Zukunft von Michael Glos (CSU) als Bundeswirtschaftsminister bleibt auch einen Tag nach seinem Rücktrittsersuchen offen.

Hält an ihrem Wirtschaftsminister fest: Bundeskanzlerin Angela Merkel. (Foto: Foto: AFP)

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will ihn jedoch nicht ziehen lassen. Nach Informationen der Bild am Sonntag haben sich die Kanzlerin und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) gegen einen Rücktritt von Glos ausgesprochen.

Merkel habe darauf bestanden, dass der Minister im Amt bleibe, berichtet die Zeitung. Steinmeier habe Merkel am Abend informiert, dass auch er keinen Rücktritt wolle. Auf dem "Ball des Sports" in Wiesbaden sagte der SPD-Kanzlerkandidat am Abend im ZDF, die CSU befinde sich "im Hindernislauf": "Wie der ausgeht, weiß ich auch noch nicht." Glos nahm ebenfalls an dem Ball teil, äußerte sich aber nicht.

Der 64-Jährige hatte am Samstag in einem Brief CSU-Chef Horst Seehofer seinen Rücktritt angeboten und als Grund auf sein Alter und die notwendige Erneuerung der CSU verwiesen.

Seehofer, dem als Parteivorsitzenden das Vorschlagsrecht für die Minister der CSU zusteht, hatte dieses Angebot abgelehnt. In Unionskreisen wird jedoch vermutet, dass Glos' zerrüttetes Verhältnis zu Seehofer Anlass für den Brief war. Damit amtiert er als Wirtschaftsminister zunächst weiter. Formal ist Bundeskanzlerin Merkel für die Besetzung des Kabinetts zuständig. Offiziell gab es jedoch noch kein Statement der Bundesregierung.

Die CSU-Spitze rechnet derweil mit einem raschen Amtswechsel. Als mögliche Nachfolger von Glos werden in der CSU neben Landesgruppenchef Peter Ramsauer, der intern schon abgelehnt haben soll, die bisherige Parlamentarische Wirtschafts-Staatssekretärin Dagmar Wöhrl und CSU-Schatzmeister Thomas Bauer gehandelt. Der Unternehmer hat grundsätzliches Interesse an der Nachfolge des amtsmüden Bundeswirtschaftsministers Michael Glos (CSU) bekundet. Allerdings schätze er die Wahrscheinlichkeit, Glos abzulösen, als gering ein, sagte Bauer am Sonntag der Nachrichtenagentur Reuters.

Der mit ihm gut befreundete CSU-Chef Horst Seehofer habe ihn in der Vergangenheit mehrmals gefragt, ob er ein höheres politisches Amt in Land oder Bund übernehmen wolle, sagte Bauer. Nach anfänglichem Zögern habe er sich das dann aber doch grundsätzlich vorstellen können. Daraus sei von Seehofer die Idee entstanden, dass Bauer für dessen freigewordenes Bundestagsmandat kandidieren solle. "Ich habe gesagt: Nur für ein Mandat im Bundestag würde ich die Firma nicht verlassen."

CSU-Landesgruppenchef Ramsauer sprach sich für den Verbleib von Glos im Amt aus. "Michael Glos genießt das uneingeschränkte Vertrauen sowohl der CSU-Landesgruppe als auch der Partei", sagte Ramsauer der in Würzburg erscheinenden Main Post. Angesichts der Weigerung Seehofers, Glos gehen zu lassen, sagte Ramsauer: "In schwierigsten Zeiten wechselt man nicht die Pferde."

Glos sei "der richtige Wirtschaftsminister, um diese Krise zu meistern". Zugleich wies Ramsauer Kritik an Glos und dessen Amtsführung zurück: "Gerade wegen seines glasklaren Kurses wurde er häufig angerempelt", sagte der Landesgruppenchef.

Auch der frühere Bundespostminister Wolfgang Bötsch (CSU) bedauerte den Schritt. "Ich habe dafür allerdings Verständnis", sagte Bötsch in Würzburg. Zum einen wegen der "größtenteils unberechtigten Kritik" in den vergangenen Monaten. "Ich habe aber auch den Eindruck, dass er sich auch aus den eigenen Reihen in manchen Fragen nicht genügend unterstützt gefühlt hat - an der Spitze von der Kanzlerin."

Beim Koalitionspartner SPD machte sich Unmut breit. In Parteikreisen wurde eine zügige Entscheidung gefordert. "Da ist natürlich auch die Kanzlerin gefragt", hieß es. Es gehe nicht an, dass das Ministeramt "so oder so" lange vakant bleibe.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast sagte unter Anspielung auf das RTL-Dschungelcamp: "Es ist schädlich für Deutschland, einen Wirtschaftsminister zu halten, der selber meint: "Holt mich hier raus"." Die CSU und die Kanzlerin ging Künast frontal an. ""Diese Regierung gleicht einem Tollhaus", sagte sie. "Eine außer Kontrolle geratene bayerische Regionalpartei blockiert das ganze Land und die Kanzlerin schaut macht- und tatenlos zu", kritisierte sie. "Frau Merkel muss jetzt zeigen, wer in Berlin das Sagen hat und Minister Glos sofort entlassen", forderte sie.

Der bayerische SPD-Fraktionschef Franz Maget forderte die CSU zum kompletten Ausstieg aus der Bundesregierung auf. "Die CSU wird in der großen Koalition nicht mehr gebraucht", sagte Maget nach Angaben eines Sprechers.

Glos ist seit 2005 der erste CSU-Bundeswirtschaftsminister in der deutschen Geschichte.

Zuvor hatte der damalige CSU-Chef Edmund Stoiber nach der vorgezogenen Bundestagswahl einen Wechsel als Wirtschaftsminister nach Berlin abgelehnt. Der gelernte Müllermeister gilt als Vertreter einer konservativ ausgerichteten Wirtschaftspolitik, der aber in der großen Koalition nur wenige Akzente setzen konnte. Vor seiner Tätigkeit als Minister war er zwölf Jahre lang Chef der CSU-Landesgruppe.

© dpa/Reuters/ddp-bay/AFP/cag/mati - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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