Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Forderung von Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) abgelehnt, die sieben ältesten deutschen Atomkraftwerke aus Sicherheitsgründen vorzeitig abzuschalten. Nur weil manches Kernkraftwerk älter sei, sei es "nicht per se unsicherer", sagte die CDU-Vorsitzende der Frankfurter Rundschau. Für alle Meiler gälten die gleichen Sicherheitsanforderungen.
Die Kanzlerin machte klar, dass für eine vorzeitige Abschaltung außerdem die Rechtsgrundlage fehlt: "Auf der Grundlage der bestehenden Gesetze sehe ich keine Handlungsmöglichkeiten." Merkel bekräftigte allerdings das Festhalten der großen Koalition am bisherigen Atomgesetz, nach dem die festgelegten Laufzeiten der ersten Altreaktoren in den kommenden Jahren enden.
Merkel kündigte an, dass sie in der Klimapolitik "im Einzelfall" auch die Auseinandersetzung mit der Wirtschaft nicht scheuen werde, wenn dies notwendig sei. Grundsätzlich wolle die Regierung die Industrie aber "unterstützen und ermutigen", die ökologische Erneuerung voranzubringen. In der Autoindustrie gebe es da jetzt teilweise Quantensprünge.
Kosten-Nutzen-Rechnung bewerten
Bei der angekündigten Kosten-Nutzen-Rechnung für alle konkreten Klimaschutz-maßnahmen werde die Regierung nicht allein die CO2-Minderung bewerten. Es gehe auch um Arbeitsplätze und Exportchancen.
Gabriel selbst hatte mit einem "hohen sicherheitstechnischen Gewinn" für seine Pläne geworben. Betroffen wären die hessischen Reaktoren Biblis A und B, die Kraftwerke Brunsbüttel, Neckarwestheim 1 und Philippsburg 1 in Baden-Württemberg sowie Unterweser in Niedersachsen. Das Kraftwerk Isar 1 könnte den Berechnungen zufolge im Juni 2009 außer Dienst gehen.
Die Deutsche Umwelthilfe stellte sich dagegen hinter den Vorstoß Gabriels. Dieser hatte die Stromkonzerne am Wochenende aufgefordert, die sieben ältesten deutschen Meiler vorzeitig abzuschalten und die restlichen Strommengen auf neuere Kernkraftwerke zu übertragen. Die Energie-unternehmen machten dagegen geltend, die Sicherheit der Anlagen sei nicht vom Baujahr abhängig.
Die Umwelthilfe wies diese Argumentation zurück. Die Abschaltung sei schon allein deshalb zwingend, weil die Atommeiler nicht hinreichend gegen Terrorangriffe aus der Luft geschützt seien, erklärte der Umweltverband. Nachrüstungen könnten diese Mängel nicht beheben. "Insbesondere der Bundesinnenminister darf das größte Terrorrisiko in Deutschland nicht länger ignorieren", sagte Bundesgeschäftsführer Rainer Baake.