Merkel bei "Anne Will":Westerwelle rügt TV-Auftritt der Kanzlerin

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Nach dem Fernsehinterview von Angela Merkel bei "Anne Will" und ihrer Kritik an der FDP holt Guido Westerwelle zum Gegenangriff aus - und rügt Merkels Auftritt als "Wahlkampf".

FDP-Chef Guido Westerwelle hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen ihrer Kritik an seiner Partei attackiert und unterschiedliche Auffassungen in der Wirtschaftspolitik betont.

Guido Westerwelle übt Kritik am TV-Auftritt von Kanzlerin Merkel. "Das war Wahlkampf." (Foto: Foto: ddp)

Es sei ihm aufgefallen, dass Merkel sich in der ARD am Sonntagabend "schärfer mit der FDP auseinandergesetzt hat als mit den Sozialdemokraten", sagte Westerwelle am Montag im ZDF-"Morgenmagazin". "Das war Wahlkampf." Merkel hatte gesagt, sie habe kein Verständnis dafür, dass die Liberalen das Banken-Enteignungsgesetz kritisieren und im Bundesrat möglicherweise blockieren wollten. "Das finde ich absurd."

Westerwelle entgegnete: "Enteignungen von einer CDU-geführten Bundesregierung, das passt wirklich nicht mehr in mein Weltbild. (...) Ich bin da einigermaßen schockiert drüber." Auch im Zusammenhang mit der Debatte über Rettungsmaßnahmen für den angeschlagenen Autohersteller Opel setzt sich Westerwelle deutlich von der Kanzlerin ab. Er halte es für falsch, wenn Merkel sage, dass der US-Mutterkonzern General Motors "quasi weiter Eigentümer von Opel" bleiben solle. "Ich bin völlig anderer Auffassung."

Wenn Opel in Deutschland und Europa eine Zukunft haben solle, müsse das Unternehmen aus dem Mutterkonzern herausgelöst werden. Westerwelle betonte dennoch, er strebe nach der Bundestagswahl ein Bündnis mit der Union an: "Die größeren Gemeinsamkeiten gibt es immer noch mit der CDU/CSU."

Er mahnte die große Koalition erneut, ihre Streitigkeiten zu beenden und zur Sacharbeit zurückzukehren. "Die Regierung lähmt sich selbst, indem sie miteinander streitet."

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Andrea Nahles geht wie Kanzlerin Angela Merkel (CDU) davon aus, dass die große Koalition ihre Arbeit bis zum Ende der Legislaturperiode fortsetzt. "Wir müssen bis zum 27. September die Probleme, die jetzt dieses Jahr noch kommen, auch gemeinsam lösen", sagte Nahles am Montag im RBB-Inforadio.

Auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) sieht die große Koalition weiter handlungsfähig. "Sie hat in den vergangenen Monaten große Gesetzespakete zur Stützung der Konjunktur verabschiedet", sagte er im Deutschlandfunk. Im Wahlkampf werde die Sprache schärfer, "aber es muss zugleich natürlich auch in den nächsten Monaten noch miteinander regiert werden".

Merkel hatte in der ARD am Sonntagabend eine positive Zwischenbilanz der Regierungsarbeit in der Krise gezogen: "Ich glaube, wir haben bis jetzt das Richtige getan." Eine vorzeitige Bundestagswahl wegen des zunehmenden Streits in der großen Koalition schloss sie aus.

Auch der Spitzenkandidat der Grünen zur Bundestagswahl, Jürgen Trittin, rechnet nicht mit einem vorgezogenen Urnengang - und sieht anders als Westerwelle auch keinen Grund dafür. Nach der Neuwahl 2005 seien die Hürden dafür sehr hoch angesetzt worden, sagte Trittin am Montag im ZDF-"Morgenmagazin". Die Koalition sei gefordert, trotz ihrer zunehmenden Differenzen bis zum Herbst zusammenzuarbeiten: "Sie kann sich nicht aufführen wie ein Koalition der Kesselflicker."

Die FDP bezeichnete Trittin als nicht regierungsfähig. Wer in der jetzigen wirtschaftlichen Situation von möglichen Steuersenkungen spreche, "der erzählt dem Bürger schlicht und ergreifend die Unwahrheit", sagte Trittin. Auch bei der Rettung der angeschlagenen Bank Hypo Real Estate verhielten sich die Liberalen falsch. Hier werde "die notwendige Verstaatlichung, die wir brauchen, um den deutschen Pfandbriefmarkt zu retten, aus ideologischen Gründen blockiert".

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