"Mein Kampf" als Lektüre:Gefahr im Vollzug

Darf ein Gefangener die kommentierte Ausgabe von Hitlers "Mein Kampf" lesen? Eine Haftanstalt entschied: nein. Nun hat sich ein Gericht dazu geäußert.

Geht von der kommentierten Ausgabe von Hitlers "Mein Kampf" eine abstrakte Gefahr für eine Justizvollzugsanstalt aus? Nein, findet die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg. Nun muss die JVA Werl erneut darüber entscheiden, ob ein 50 Jahre alter Häftling die kritische Edition des Instituts für Zeitgeschichte zu lesen bekommt. Die bisherige Begründung reiche jedenfalls nicht aus, befand die Kammer. Laut Vollzugsgesetz dürfen Gefangene Bücher besitzen, sofern diese die Sicherheit und Ordnung oder die Erreichung des Vollzugsziels nicht gefährden. Diese Voraussetzungen hat jede Anstaltsleitung in eigener Zuständigkeit zu überprüfen. Die Veröffentlichung der Edition Anfang des Jahres habe zu einer gesellschaftlichen Diskussion geführt, von der ein Gefangener nicht grundsätzlich auszuschließen sei, so das Gericht. "Die kommentierte Edition dient der Aufarbeitung der Geschichte, der Aufklärung über den Inhalt und der Entmystifizierung", sagte ein Gerichtssprecher. Der Häftling sitzt wegen Raubes ein, ob er etwa eine rechtsradikale Gesinnung hat, ist nicht bekannt. Die Leiterin der JVA, Maria Look, äußerte sich nicht zu den konkreten Gründen des Verbots. Man sehe aber "die Gefahr einer Fehlinterpretation", sagte sie dem Westfalen-Blatt. Ob die Entscheidung nach dem Richterspruch gehalten oder abgeändert werde, könne sie noch nicht sagen.

© SZ vom 24.11.2016 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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