Mehr als 25 Jahre nach dem Tod des faschistischen Diktators:Spanien soll Franco-Symbole entfernen

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Spaniens Parlament fordert seine Regierung auf, Statuen und Tafeln an öffentlichen Plätzen "so schnell wie möglich" zu beseitigen. Zu den unzähligen Opfern der Franco-Schergen gehört auch der Großvater des spanischen Premierministers.

Von Peter Burghardt

Spaniens Vergangenheitsbewältigung beginnt reichlich spät, doch bis zum Machtwechsel im März gab es dafür keine Mehrheit:

Der Diktator Francisco Franco. (Foto: Foto: dpa)

Mit den Stimmen von Sozialisten, Vereinten Linken und katalanischen Republikanern hat das Parlament nun die Regierung von Jose Luis Rodriguez Zapatero aufgefordert, Franco-Symbole von öffentlichen Gebäuden zu entfernen - "so schnell wie möglich".

Mehr als 25 Jahre nach dem Tod des Diktators sei dafür kein Platz mehr. Außerdem verlangen die Antragsteller mehr Einsatz für die Leidtragenden von Bürgerkrieg und Franco-Regime. Es gehe, so eine linke Abgeordnete, "um die Verteidigung der Demokratie und Solidarität mit den Opfern der Diktatur."

30.000 Tote verscharrt

Der rechtsextreme General Francisco Franco hatte 1936 geputscht und dann vom Ende des Bürgerkriegs 1939 bis zu seinem Tod am 20. November 1975 als "Caudillo von Gottes Gnaden" geherrscht. Während der dreijährigen Kämpfe kam es zu Grausamkeiten auf beiden Seiten, danach verbot der Machthaber Parteien und ließ Hunderttausende Gegner einsperren oder hinrichten.

Geschätzte 30.000 republikanische Tote liegen bis heute irgendwo verscharrt. Eine private Initiative unter Leitung des Journalisten Emilio Silva kümmert sich seit wenigen Jahren um die Suche und die ordentliche Beerdigung der Opfer.

Tausende Soldaten, hauptsächlich Francos Sieger, sind im so genannten Tal der Gefallenen in den Bergen Madrids bestattet. Unter der Kuppel der Basilika und einem 150 Meter hohen Kreuz wurde auch der Generalisimo beigesetzt, nachdem er an Altersschwäche gestorben war. Neben ihm liegen die Reste von Jose Antonio Primo de Rivera, dem Gründer der Faschisten-Partei Falange.

Gespenstisches Grabmal

Auch um das gespenstische Grabmal geht es bei der Debatte. Das Parlament verlangt, dass dort zumindest eine Plakette der republikanischen Zwangsarbeiter gedenkt - viele von ihnen kamen während der 20-jährigen Bauzeit bis 1959 ums Leben. 1962 zündeten Anarchisten eine Bombe, die leichte Schäden anrichtete - ein Unbeteiligter wurde daraufhin zu 28 Jahren Haft verurteilt, elf davon saß er unschuldig ab.

An die grausigen Hintergründe der Anlage erinnert nichts, das kollektive Vergessen war der Preis für den friedlichen Übergang zur Demokratie. Das gigantische Mausoleum gehört zum staatlichen Kulturgut, Besucher haben Eintritt zu bezahlen. Entsprechend muss die Denkmalkommission über Änderungen entscheiden und das kann dauern.

Schneller soll es bei anderen Monumenten gehen. Einige wurden bereits abmontiert, zuletzt ein imperialer Adler vor der Regierungsvertretung in Guadalajara. Bei anderen gibt es indes ebenfalls Schwierigkeiten. Oft ist das Verteidigungsministerium zuständig, für die franquistischen Tafeln an den vielen Dorfkirchen ("Gefallen für Gott und Spanien") die Bischofskonferenz.

Der Großvater des Premiers wurde von Franco-Schergen erschossen

Dagegen fühlt sich in einem weiteren Fall niemand zuständig: Für Francos Reiterstatue neben den Madrider Ministerialgebäuden Nuevos Ministerios will weder das Bauministerium noch Bürgermeister Alberto Ruiz Gallardon die Verantwortung haben. Dessen Vorgänger hatte eine Demontage mit dem Hinweis abgelehnt: "Die Geschichte ist die Geschichte."

Der sozialistische Premier Zapatero hat anders als der Konservative Jose Maria Aznar mehr Gespür dafür. Zapateros Großvater, ein republikanischer Offizier, wurde 1936 von Franco-Schergen erschossen. Allerdings weigert sich in La Coruna selbst ein Parteifreund, das düstere Erbe aufzuräumen.

Und die nunmehr oppositionelle Volkspartei PP hält das ohnehin für überflüssig. Francos Staatsstreich hat die Fraktion erst vor zwei Jahren leise verurteilt, bei der Abstimmung über die Symbolik enthielt sie sich jetzt. Das Thema, so PP-Mann Julio Padilla, interessiere die Spanier nicht.

© SZ vom 6.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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