Medien:Regieren, danach kassieren

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Barack Obama setzt neue Maßstäbe bei der Eigenvermarktung.

Von David Pfeifer

Man könnte denken, Präsident der USA zu werden, sei die Krönung einer Biografie. Das mächtigste Amt der Welt scheint selbst für einen wie Donald Trump, der es zuvor schon zu Reichtum und Prominenz gebracht hat, eine erstrebenswerte Trophäe zu sein.

Manchmal aber läuft es andersherum, was Prominenz und Finanzen betrifft. Bill Clinton verließ das Weiße Haus 2001 berühmt, aber verschuldet, weil ihn die Lewinsky-Affäre und die damit verbundenen Anwaltskosten Millionen gekostet hatten. Mittlerweile, so rechnete der Nachrichtensender CNN vor, müssten Bill und Hillary Clinton wieder etwa 150 Millionen verdient haben - alleine mit Vorträgen. Bill Clinton nimmt etwa 200 000 US-Dollar für einen Auftritt.

Dagegen sind ehemalige deutsche Amtsträger für eher kleines Geld zu buchen. Das geht beim bayerischen Ex-Ministerpräsidenten Günther Beckstein angeblich ab etwa 5000 Euro pro Stunde los und findet beim Altkanzler Gerhard Schröder mit Preisen zwischen 50 000 und 75 000 Euro seinen Spitzenwert.

Sie alle sind jedoch Kleinverdiener gegen den ehemaligen 44. Präsidenten der USA. Barack Obama wechselte im noch nicht pensionsreifen Alter von 56 Jahren in die Rolle des Privatiers. Allerdings war er zu diesem Zeitpunkt bereits ein Entertainer mit Friedensnobelpreis. Noch als Amtsträger hatte er Auftritte in der Serie "Comedians in Cars Getting Coffee" des Komikers Jerry Seinfeld und beim überaus erfolgreichen Late-Night-Talker Jimmy Fallon, wo "Präsident Cool" in der Rubrik "Slow Jam the News" die Nachrichten im Stil eines Soulsängers vortrug.

Barack Obama legte also bereits während seiner Amtszeit den Grundstein für eine Folgekarriere im Showbusiness. Kurz nachdem er aus dem Amt ausgeschieden war, unterschrieben er und seine Frau Michelle einen gemeinsamen Buchvertrag beim Verlag Randomhouse, der dem Paar mehr als 60 Millionen US-Dollar einbringen wird. Zum Vergleich: Bill Clinton hat 15 Millionen bekommen, George W. Bush sieben. Der letzte Republikaner, der so etwas wie Glamour im Weißen Haus verströmt hatte, war Ronald Reagan, und der brachte ihn aus Hollywood mit. Reagan konnte nach dem Ende seiner Amtszeit alleine zwei Millionen Dollar für Vorträge bei einem japanischen Telekomriesen berechnen.

Obama geht noch deutlich weiter. Gerade hat der Streamingdienst Netflix eine millionenschwere Zusammenarbeit mit der vor Kurzem gegründeten Obama-Produktionsfirma Higher Ground Productions verkündet. "Barack und Michelle Obama gehören zu den bekanntesten und am meisten respektierten Persönlichkeiten der Welt. Sie kennen deshalb Leute, die aus der Welt einen besseren Ort machen", sagte Ted Sarandos, Programmchef bei Netflix. Das Konzept der Netflix-Reihe könnte also ähnlich ausfallen wie das der US-Talklegende David Letterman in dessen Show "My Next Guest Needs No Introduction" - einfach Menschen zum Gespräch vor die Kamera setzen, die so berühmt sind, dass ihre Namen alleine die Zuseher zum Einschalten bewegen, oder im Fall von Netflix: Abonnenten zu werden. Der erste Gast bei diesem neuen Letterman-Format war übrigens Ex-Präsident Barack Obama.

© SZ vom 23.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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