MBA-Bewerbung:Eigenbrötler müssen draußen bleiben

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Die Schulen legen bei Bewerbern nicht nur Wert auf gute Testergebnisse, sondern auch auf spezielle Soft Skills.

Von Alexandra Straush

Er gilt als die Eintrittskarte in die Führungsetagen: Der Master of Business Administration, kurz MBA, ist nicht nur in den USA ein begehrter Abschluss. Denn die Business Schools, die ihn verleihen, versprechen viel: Kompakt und praxisorientiert Management-Kompetenzen zu vermitteln, die Persönlichkeitsentwicklung zu fördern und berufliche Netzwerke zu knüpfen. Wer den Titel tragen will, muss häufig etliche Tausend Euro aufbringen, denn die weiterbildenden Masterstudiengänge an staatlichen wie privaten Hochschulen sind kostspielig. Eine große Hürde stellt auch der Zugang dar: Renommierte Programme, die in den einschlägigen internationalen Rankings der Financial Times, von The Economist oder der B loomberg Businessweek gelistet sind, sieben ihre Kandidaten in anspruchsvollen Bewerbungsverfahren aus.

"Gute MBA-Programme leben nicht allein von der Qualität ihrer Lehrveranstaltungen. Fast ebenso wichtig sind die Zusammenarbeit und der Gedankenaustausch innerhalb der Studierendengruppe." Man achte darauf, dass die Bewerber entsprechende kommunikative Fähigkeiten mitbrächten, erklärt Ralf Bürkle, Marketing Direktor der Mannheim Business School. Sie ist Träger der sogenannten "Triple Crown" und besitzt somit jeweils das Gütesiegel der drei führenden Akkreditierungsagenturen AACSB, EQUIS und AMBA. Deshalb gehen für die 50 bis 60 Plätze im MBA-Programm circa 400 Bewerbungen ein. Auch die WHU - Otto Beisheim School of Management in Vallendar kann sich mit ihren Akkreditierungen schmücken. Gerold Gnau, Programmdirektor des zwölfmonatigen Full-Time-MBA, bestätigt, dass die Teilnehmer handverlesen werden - schon vor dem Einreichen der Unterlagen: "Wir beraten und begleiten unsere Kandidaten - manche einige Monate, manche bis zu drei oder vier Jahre lang. Dabei filtern wir die Leute heraus, die wir gerne im Klassenraum haben wollen." Wenn dann schließlich die Bewerbungen eingesandt würden, sei deren Qualität schon entsprechend hoch.

Im Dialog und in Essays sollen Aspiranten ihre besonderen Fähigkeiten herausstellen

Unter diesen Bedingungen Massenbewerbungen zu schreiben, hat keinen Sinn. Schon allein aus finanziellen Gründen. Denn fast alle Business Schools erheben eine Bewerbungsgebühr von mehr als 100 Euro, die im Fall der Ablehnung nicht rückerstattet wird. Außerdem sind mit der Bewerbung Vorleistungen verbunden, die Zeit und Geldeinsatz erfordern: Kandidaten müssen mit dem Test of English as a Foreign Language (TOEFL) oder dem International English Language Testing System (IELTS) ihre Sprachkenntnisse nachweisen - und dafür mehr als 200 Euro an die Testinstitute zahlen. Und häufig ist der Graduate Management Admission Test (GMAT) abzulegen. Er fragt mathematische Grundlagen und Sprachkenntnisse unter Zeitdruck ab und erfordert neben einigem Training auch wieder eine Testgebühr von 250 Dollar. Als Schikane werden diese Zugangshürden aber nicht erlebt, sagt Gnau, im Gegenteil: "Gute Bewerber, die nach qualitativ hochwertigen Programmen suchen, schauen nach Schulen, die den GMAT voraussetzen."

Diese achten nicht nur auf formale Leistungsnachweise in Form von Hochschul- und Arbeitszeugnis, Lebenslauf und Referenzschreiben. Sie suchen nach Menschen, die wissen, was sie zu bieten haben. Hat der Bewerber gute Kenntnisse des osteuropäischen Marktes oder ein gutes Netzwerk in seiner Branche? Was kann er zu einer Arbeitsgruppe mit einem Banker aus Norwegen, einer Chemikerin aus Brasilien und einer Marketing-Spezialistin aus Singapur beitragen? Das sollen die Kandidaten in Bewerbungsformularen, Essays oder Motivationsschreiben darlegen. Die Sloan School of Management am Massachusetts Institute of Technologie (MIT), eine der zehn besten Adressen in den USA, erbittet sich sogar ein Organigramm des Unternehmens, in dem der Bewerber arbeitet. So könne die Auswahlkommission besser beurteilen, auf welcher Hierarchieebene der angehende Student steht.

Ein Verfahren, dass Bürkle für sehr sinnvoll hält. "Wir erwarten außerdem, dass jemand eine klare Vorstellung davon hat, was er mit dem MBA anfangen will, und warum er bei uns studieren will", sagt er. "Mannheim steht im Ranking so gut da" - das dürfe nicht das alleinige Argument sein. Was man an dieser Schule auch noch wissen möchte: Wo sieht sich ein Bewerber realistisch betrachtet in fünf Jahren? Reizen ihn am Studium die internationalen Module im Ausland oder das Coaching zu Führungsqualitäten? Wer hier vernünftig argumentieren will, muss Zeit in die Selbstreflexion und die Vorrecherche stecken, etwa durch Gespräche mit Alumni oder einen Schnuppertag auf dem Campus. Da ein MBA-Studium eine große Investition in Sachen Zeit und Geld darstellt, erwarten einige Schulen auch, dass Bewerber sich über diese Belastung Gedanken gemacht haben. Kann ein Familienvater es sich leisten, für einen Karriere-Boost ein Jahr lang aus dem Job auszusteigen? Steht die Finanzierung? Oder wäre ein berufsbegleitender Part-Time-MBA nicht doch die sinnvollere Alternative?

Neben der Qualifikation und realistischen Einschätzung der eigenen Möglichkeiten spielt schließlich die Persönlichkeit der Kandidaten eine Rolle. "Wenn wir feststellen, dass jemand absolut nicht teamfähig ist, dann lehnen wir auch einen 1,0-Absolventen ab", sagt Ralf Bürkle. Ein persönliches Interview ist Standard für den Bewerbungsprozess an Business Schools. In Mannheim sind es für den Full-Time-MBA sogar zwei Termine, in denen Kandidaten auch mit sozialen Fähigkeiten punkten müssen. Denn bewundernswerte Leistungsträger, mit denen aber niemand gerne abends ein Bier trinken gehen möchte, schaden dem Unterrichtsklima. Und stille Eigenbrötler funktionieren nicht in einem Lehrkonzept, das auf der Lösung von Problemen in Multi-Kompetenz-Teams basiert.

Aber auch auf die Anforderungen der Unternehmen kommt es an. Die Financial Times hat 72 von ihnen dazu befragt, welche Fähigkeiten sie von MBA-Absolventen erwarten. Am häufigsten genannt wurden Soft Skills, vor allem folgende: Zusammenarbeit im Team mit verschiedenen Menschen, die Lösung komplexer Probleme, der Auf- und Ausbau von Netzwerken sowie Zeitmanagement und das Setzen von Prioritäten. "Es ist also kein Zufall, dass wir die Soft Skills so hoch bewerten", sagt Gerold Gnau. "Die Ansprüche der Arbeitgeber sollten auch ein Maßstab für die Schulen sein, die einen MBA anbieten."

© SZ vom 19.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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