Mark Malloch Brown:Annans Mann fürs Grobe

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Der UN-Generalsekretär hat eine "eierlegende Wollmilchsau" gesucht und sie in dem Briten gefunden. Ein paar Wochen ist er nun sein Kabinettschef, und schon lässt sich sagen: Leichen pflastern seinen Weg.

Von Stefan Ulrich

Kofi Annan wird den Begriff der "eierlegenden Wollmilchsau" nicht kennen - dennoch hat er so ein Fabelwesen zu seinem Kabinettschef gemacht. Mark Malloch Brown ist ein Mann mit vielen Eigenschaften.

Mark Malloch Brown findet eine "Kultur der Vorsicht" schädlich. (Foto: Foto: Reuters)

Er ist Manager und Menschenrechtler, Journalist und Polit-Berater, relativ jung und längst ein alter Hase, geschätzt bei den UN und angesehen in den USA.

Und vor allem: Brown hat sich als Insider den Ruf eines kritischen Außenstehenden erhalten. Dies alles dürfte ihn zum idealen Mann für einen fast irrealen Auftrag machen: die Rettung Annans und der UN.

Der Generalsekretär und seine Organisation stehen, vom Irak-Konflikt gebeutelt und von Affären geschüttelt, am Abgrund. In dieser Lage hat sich der bedächtige Annan zu hartem Handeln durchgerungen.

Hierzu holte er im Januar den 51 Jahre alten Briten Brown zu sich hinauf ins 38. Stockwerk des UN-Palastes in Manhattan. Dort wirbelt der Neue seitdem als faktisch zweitmächtigster Mann des Völkerclubs. Sein Auftrag: die Vereinten Nationen im Inneren entrümpeln und nach außen aufpolieren.

Womöglich müssen Köpfe rollen

Im Führungszirkel um Annan hat die Ernennung nicht nur Freude erregt. Denn der Tatmensch Brown hat klargemacht, dass er nicht als Sekretär des Generalsekretärs, sondern als Feldmarschall gekommen ist.

Schonungslos deckte er sogleich Schwächen der Verwaltung auf. Die UN seien "kein Ort mit einer Management-Kultur", mäkelte er. Es mangele an Kontrolle und Transparenz. Um Abhilfe zu schaffen, müssten die Führungsriegen reformiert werden. Gefragt, was das bedeute, antwortete er: "Womöglich müssen Köpfe rollen."

Seitdem sind ein paar Wochen vergangen, und schon lässt sich sagen: Leichen pflastern seinen Weg. Die beigeordnete Generalsekretärin Elisabeth Lindenmayer - zurückgetreten. Der Chef des Öl-für-Lebensmittel-Programms Benon Sevan - vom Amt suspendiert. Der Boss des Flüchtlingshilfswerks Ruud Lubbers - zur Aufgabe gezwungen. Annans langjähriger Sprecher Fred Eckhard - hört auf.

Immer die forsche Lösung

Und dabei wird es nicht bleiben. Denn Brown charakterisiert sich selbst so: "Nenn' mir zwei Lösungen für ein Problem - eine vorsichtige und eine forsche -, und ich werde die forsche wählen."

Entsprechend undiplomatisch hat der frühere Politik-Redakteur der Zeitschrift Economist im Herbst kritisiert, dass die UN nicht mehr Leute in den Irak schicken. Diese "Kultur der Vorsicht" sei schädlich, schimpfte er.

Zu diesem Zeitpunkt war der Vater von vier Kindern noch Chef des Entwicklungsprogramms UNDP, das er binnen weniger Jahre aus der Krise geholt hatte. Zuvor hatte der Brite unter anderem als Politikberater gearbeitet, etwa in Wahlkämpfen auf den Philippinen oder in Peru.

Brown versteht sich also auf Politik wie Propaganda - und das ist auch nötig, wenn er sein wohl schwierigstes Ziel erreichen will: "Die UN müssen das Vertrauen der amerikanischen Öffentlichkeit und der Welt zurückgewinnen."

Dass er scheitern kann, ist ihm klar. "Bisher habe ich gute Auftritte in der Provinz gehabt", sagt er. "Nun gehe ich an den Broadway. Dort ist die Kritik schärfer und gemeiner - und die Messlatte liegt viel höher."

© SZ vom 24.2.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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