Machtkampf in der Ukraine:EU startet neue Vermittlungsmission

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Nachdem die Opposition die Gespräche mit der Regierung abgebrochen hat, versucht der Westen erneut zu vermitteln: Am Abend traf der EU-Außenbeauftragte Javier Solana in Kiew ein. Noch in der Nacht sprach er mit Präsident Kutschma.

Für Mittwoch sind Gespräche mit Opposition und Regierung geplant. "Ich bin sicher, mit gutem Willen auf beiden Seiten werden wir Fortschritte erzielen", erklärte Solana.

Traf noch am Abend mit Präsident Kutschma zusammen - der EU-Außenbeauftragte Javier Solana. (Foto: Foto: Reuters)

Auch der Generalsekretär der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Jan Kubis, sowie die Präsidenten Polens und Litauens, Aleksander Kwasniewski und Valdas Adamkus wollen sich erneut um eine Verhandlungslösung bemühen.

Opposition wirft Regierung Hinhalte-Taktik vor

Durch Vermittlung der EU war die erste Runde der Gespräche zwischen Opposition und Regierung am Freitag überhaupt erst zustande gekommen. Am Dienstag hatte die Opposition die Verhandlungen mit Ministerpräsident Viktor Janukowitsch allerdings abgebrochen.

Der Wahlkampfmanager des offiziell unterlegenen Kandidaten Viktor Juschtschenko, Oleksandr Sintschenko, beschuldigte die Regierung, die Gespräche unnötig in die Länge zu ziehen. Deshalb gebe es keine Basis mehr für einen Dialog.

Sintschenko äußerte sich, nachdem die Regierungsparteien einen Misstrauensantrag gegen Janukowitschs Kabinett blockiert hatten. Vorläufig gebilligt wurde dagegen eine Resolution, mit der die nicht bindende Entscheidung vom Wochenende widerrufen wurde, die Stichwahl vom 21. November zu annullieren. Daraufhin versuchten Oppositionsanhänger, das Parlamentsgebäude zu stürmen.

Janukowitsch bietet Juschtschenko Regierungsamt an

Der Oberste Gerichtshof vertagte seine Prüfung der Manipulationsvorwürfe auf Mittwoch. Am Dienstag legten Juschtschenkos Anwälte dem Gremium dar, dass in hunderten Stimmbezirken in den östlichen Regionen Donezk und Luhansk die Beteiligung an der Präsidentenstichwahl bei über 100 Prozent gelegen habe.

Ferner verwiesen sie auf Probleme mit Wählerlisten sowie mehrfache Stimmabgaben mittels Briefwahl. Die Wahlkreise im Osten des Landes gelten als Hochburgen von Janukowitsch.

Dieser erklärte, sollte er Präsident werden, werde er seinem Rivalen das Amt des Regierungschefs anbieten. Juschtschenko lehnte dies umgehend ab.

Autonomie-Referendum verschoben

Ein geplantes Autonomie-Referendum in der östlichen Region Donezk wurde verschoben. Als Grund nannte Gouverneur Anatolij Blisnjuk gesetzliche Vorgaben, wonach die Bevölkerung einen Monat vor einer solchen Abstimmung davon in Kenntnis gesetzt werden muss.

Er betonte ferner, die Industrieregion suche keine völlige Autonomie, sondern wolle lediglich eine eigenständige Republik innerhalb der Ukraine sein.

Der Sicherheitsrat in Kiew sowie der Generalstaatsanwalt leiteten strafrechtliche Ermittlungen bezüglich der Frage ein, ob die territoriale Integrität des Landes von den östlichen Regionen bedroht wird.

Schlangen vor den Banken

Angesichts der sich zuspitzenden Lage begrenzte die Zentralbank die Geldbeträge, die ukrainische Bürger von ihren Konten abheben oder in Fremdwährung umtauschen dürfen.

Analysten zufolge soll damit einem Währungsverfall entgegen gewirkt werden. Vor allem im Osten des Landes hatten sich zuvor lange Schlangen vor den Bankschaltern gebildet.

Bundeskanzler Gerhard Schröder und der russische Präsident Wladimir Putin plädierten in einem gemeinsamen Telefonat erneut für eine friedliche Beilegung der Staatskrise in der Ukraine.

Dabei betonte Putin, er werde das Ergebnis einer etwaigen Wahlwiederholung akzeptieren, wie Regierungssprecher Béla Anda mitteilte.

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