Machtkampf im Libanon:Premier ruft Armee zum Handeln auf

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In seiner ersten Ansprache seit Beginn der Kämpfe im Libanon hat Regierungschef Fuad Siniora die Entschlossenheit des Staates gegenüber der Hisbollah beschworen. Die libanesische Armee ging jedoch ein Stück auf die Miliz zu.

Der Premier wandte sich in einer Fernseh-Ansprache an die Bevölkerung - und wählte deutliche Worte: Die jüngsten Eroberungen der Hisbollah in Beirut hätten der Demokratie einen "vergifteten Stich" versetzt, doch der Staat werde nicht unterliegen, sagte Fuad Siniora.

Will sich der Hisbollah nicht beugen: Premier Fuad Siniora (Foto: Foto: Reuters)

Überall im Land müsse die Sicherheit wiederhergestellt werden, sagte der pro-westliche Sunnit. Zugleich machte Siniora deutlich, dass sich seine Regierung der Gewalt der schiitischen Hisbollah nicht beugen werde. "Der Staat wird nicht unter die Kontrolle der Putschisten fallen", sagte Siniora.

Der pro-iranischen Hisbollah warf er vor, über das Schicksal des Libanons und der Libanesen bestimmen zu wollen. Die Hisbollah habe einen "bewaffneten Putsch" gegen die libanesische Demokratie geführt. Dabei seien unschuldige Zivilisten getötet worden. Dies sei nicht hinnehmbar.

An die Armee appellierte Siniora, unverzüglich gegen Militante auf den Straßen vorzugehen. "Ich fordere die Armee auf, die Sicherheit für alle überall wiederherzustellen", sagte er. "Ich habe die Armeeführung bereits aufgefordert, für Ruhe und Sicherheit zu sorgen." Die Libanesen rief er auf, an diesem Sonntag eine Schweigeminute für die Opfer der Zusammenstöße einzulegen.

Das libanesische Militär reagierte - allerdings vielleicht anders, als Siniora es sich erhofft hatte: Am Samstag nahm es zwei gegen die radikal-schiitische Hisbollah gerichtete Entscheidungen der Regierung zurück. Die Armee teilte mit, der umstrittene Sicherheitschef des Flughafens von Beirut behalte seinen Posten. Zudem werde mit dem Telekommunikationsnetz der Hisbollah derart verfahren, dass "das öffentliche Interesse und die Sicherheit" nicht gefährdet würden.

Beide Fragen hatten die Gewalt ausgelöst, der in den vergangenen Tagen insgesamt 24 Menschen das Leben gekostet hat.

Straße zum Flughafen blockiert

In der libanesischen Hauptstadt Beirut wurden am Samstag sechs Menschen getötet und 20 weitere verletzt, als Bewaffnete nach Angaben von Krankenhausmitarbeitern auf Teilnehmer einer Beerdigung schossen.

Mehrere hundert Menschen hatten sich nach Angaben eines AFP-Fotografen im westlichen Beiruter Stadtteil Tarik el Dschdidé zur Bestattung eines sunnitischen Zivilisten versammelt, der bei den Gefechten in Beirut getötet worden war.

In Halba im Norden des Landes kamen fünf Menschen ums Leben, als sich Anhänger einer pro-syrischen Partei heftige Kämpfe mit Anhängern der Partei des anti-syrischen Mehrheitsführers im Parlament, Saad Hariri, lieferten.

Obwohl weiterhin einige bewaffnete Hisbollah-Kämpfer im Westen Beiruts zu sehen waren, öffneten dort am Samstag erste Lebensmittelgeschäfte wieder. Die Anwohner trauten sich auf die Straßen. Es gebe keine Gefahr mehr für Zivilisten, sagte ein Armeesprecher.

Die Straße zum internationalen Flughafen von Beirut, dessen Betrieb still lag, war weiterhin durch Barrikaden versperrt, welche die Hisbollah dort errichtet hatte. Wie schon am Freitag verließen zahlreiche Ausländer den Libanon über den Landweg durch Syrien. Die Türkei und Kuwait brachten ihre Landsleute in Sicherheit.

© dpa/AFP/Reuters/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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