Luftangriffe in Afghanistan:Westliche Truppen töten mehr als 70 Zivilisten

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Den jüngsten Luftangriffen im Süden Afghanistans sind offenbar weit mehr Zivilisten zum Opfer gefallen als zunächst angenommen. Die Dorfbewohner sind "so außer sich", dass sie dem Untersuchungsteam eine umfassende Mitarbeit verwehrt haben.

Bei Luftangriffen der US-geführten Koalitionstruppen gegen Aufständische im Süden von Afghanistan sind nach Angaben afghanischer Behörden 70 Zivilisten getötet worden, darunter mehrere Frauen und Kinder. Der Leiter der Behörden des Bezirks Gereschk in der Provinz Helmand, Dor Alischah, korrigierte seine Angaben am Samstagabend. Er berief sich auf amtliche Untersuchungen. Zuvor hatte er von 30 Zivilisten getöteten gesprochen.

Der britische Sender BBC berichtete unter Berufung auf Anrufe von Bewohnern der bombardierten Region von mehr als 50 zivilen Opfern. Eine Sprecherin der NATO-geführten Schutztruppe ISAF, Oberst Maria Carl, sagte dagegen, die Zahl der getöteten Zivilisten sei geringer als von den afghanischen Behörden angegeben.

Dorfbewohner sind außer sich

Das Bombardement erfolgte in der Nacht zum Samstag nach einem Angriff von Aufständischen im Bezirk Gerischk in der Provinz Helmand, wie Bezirksvorsteher Dor Alischah mitteilte.

Zunächst seien im bezirk Gereschk am Freitag zwei US-Militärfahrzeuge auf Landminen gefahren und explodiert. Danach hätten die Rebellen die Soldaten angegriffen. Insgesamt seien mehr als 130 Menschen getötet worden.

Behördenvertreter, die in das bombardierte Dorf entsandt worden seien, hätten von mehreren getöteten Kindern und Frauen berichtet. Fünf Häuser seien völlig zerbombt worden. Die Dorfbewohner seien "so außer sich", dass sie dem Untersuchungsteam eine umfassende Mitarbeit verwehrt hätten, sagte Alischah.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat die wachsende Zahl von zivilen Opfern beim Kampf gegen die Aufständischen bereits mehrfach beklagt und mehr Zurückhaltung gefordert. Karsai hatte sich besonders empört über die 25 zivilen Todesopfer beim NATO-Beschuss eines anderen Dorfes in Gereschk vor einer Woche gezeigt.

Die Nato fordert derweil offenbar einen zeitlich unbegrenzten Einsatz der Bundeswehr-Tornados.

Nach Informationen von Bild am Sonntag ist bei Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan eine entsprechende offizielle Anfrage des Bündnisses eingegangen. Dabei lobe die Nato den "exzellenten Einsatz" der deutschen Aufklärer. Die sechs Flugzeuge und 200 Soldaten leisten ihre Aufklärungsarbeit für die Nato auch im heiß umkämpften Süden des Landes.

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