Litauen:Linke Parteien gewinnen Parlamentswahl

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Litauen steht vor einem Machtwechsel. Wahlsieger ist Viktoras Uspaskich. Seine Arbeitspartei und die Sozialdemokraten liegen nach Auszählung von mehr als 50 Prozent der Stimmbezirke deutlich vor der Partei des amtierenden Ministerpräsidenten Kubilius. Viele Wähler waren von der harten Sparpolitik des konservativen Regierungschefs enttäuscht.

Viktoras Uspaskich von der Arbeitspartei feiert seinen vorläufigen Wahlsieg mit einem Glas Rotwein. (Foto: AFP)

Bei der Parlamentswahl in Litauen haben die Wähler die konservative Regierung abgestraft. Wie die nationale Wahlkommission in der Nacht zu Montag auf der Grundlage von Teilergebnissen mitteilte, kam die Arbeitspartei (Darbo partija) auf 22,7 Prozent der Stimmen; die Sozialdemokraten kamen auf 19,6 Prozent. Die Partei von Ministerpräsident Andrius Kubilius stand demnach bei 12,9 Prozent.

Die Ergebnisse stützten sich auf die Auszählung der Stimmzettel in mehr als der Hälfte der 2017 Wahlbezirke. Demnach erzielte die populistische Partei Ordnung und Gerechtigkeit 9,1 Prozent der Stimmen. Die Partei gilt als möglicher Koalitionspartner des Linksbündnisses aus Arbeitspartei und Sozialdemokraten. Die Liberalen, der bisherige Koalitionspartner der Konservativen, standen bei 6,4 Prozent.

Der Chef der Arbeitspartei, Viktoras Uspaskich, kündigte die Einrichtung einer Arbeitsgruppe für die Aufnahme von Koalitionsgesprächen an. "Es gibt keine klar vorne liegende Partei. Es besteht die Chance und Möglichkeit, dass wir mit mindestens drei Parteien eine Mehrheit erzielen können", sagte er. Der Vorsitzende der Sozialdemokraten, Algirdas Butkevicius, erklärte, der Vorschlag für den Posten des Ministerpräsidenten hänge von den Endergebnissen und dem Erfolg der Koalitionsgespräche ab.

Kubilius äußerte sich in der Wahlnacht zuversichtlich, noch aufholen zu können. "Die zweite Wahlrunde könnte relativ erfolgreich verlaufen. Ich hoffe, dass auf diese Weise die Kontinuität der bisher geleisteten Arbeit der Koalition gewährleistet wird", sagte der konservative Regierungschef.

Der Wahlsieger steht erst in zwei Wochen verbindlich fest, wenn in einer zweiten Runde über die Vergabe der Mandate jener Wahlkreise entschieden wird, in denen am Sonntag keiner der Bewerber die eindeutige Mehrheit erzielen konnte.

Die Wahlbeteiligung lag bei der Abstimmung am Sonntag bei etwas mehr als 50 Prozent. Die Litauer waren aufgerufen, in einer kombinierten Wahl aus Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht mit Direktmandaten und Listen über die Zusammensetzung des 141-köpfigen Parlaments, des Seimas, abzustimmen.

Schon vor der Wahl hatten Umfragen auf einen politischen Wechsel hingedeutet. Kubilius hatte sich zuletzt durch einen drastischen Sparkurs unbeliebt gemacht. Das Linksbündnis will hingegen nach eigenen Aussagen den Mindestlohn anheben und eine progressive Einkommensteuer einführen. Damit sprachen sie viele Wähler an, die vom Sparprogramm der Regierung enttäuscht sind.

Wähler wollen kein neues Atomkraftwerk

Bis 2008 hatte die ehemalige Sowjetrepublik einen Wirtschaftsboom erlebt, der mit der globalen Finanzkrise jedoch zum Erliegen kam. Die Wirtschaft des Landes brach 2009 um fast 15 Prozent ein. Kubilius ordnete daraufhin einen Sparkurs an, der erst im vergangenen Jahr Erfolge zeitigte: Das Bruttoinlandsprodukt wuchs um 5,8 Prozent, so stark wie in kaum einem anderen Land der Europäischen Union, zu der das Land an der Ostsee seit 2004 gehört. Doch viele der 3,5 Millionen Einwohner Litauens sind der Ansicht, der Preis dafür sei zu hoch gewesen.

In einem nicht bindenden Referendum stimmten die Litauer am Sonntag außerdem gegen den Bau eines Atomkraftwerks. Laut von der Wahlkommission veröffentlichten Teilergebnissen lehnten 61,6 Prozent der Wähler die Baupläne in Visaginas ab, 34,7 Prozent waren dafür.

© Süddeutsche.de/Reuters/AFP/dpa/mane - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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