Libyen-Projekt:BND ließ Behörden im Unklaren

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Der Nachrichtendienst hielt Kenntnisse über Libyen-Aktivitäten eines Soldaten auch dann noch zurück, als das Verteidigungsministerium die Beteiligung des Feldwebels bekannt machte.

Peter Blechschmidt

Die Rolle des Bundesnachrichtendienstes (BND) bei der privaten deutschen Ausbildungshilfe für libysche Sicherheitskräfte wird immer dubioser.

Pullacher BND-Zentrale: Die Libyen-Affäre - und die Rolle des Nachrichtendienstes - wird immer dubioser. (Foto: Foto: AP)

Obwohl der BND seit November 2005 von den Aktivitäten der deutschen Sicherheitsfirma BDB Protection wusste, ließ er nach Informationen der Süddeutschen Zeitung andere Bundesbehörden auch dann noch darüber im Unklaren, als das Verteidigungsministerium im Frühsommer 2006 anderen Ressorts die Beteiligung eines Bundeswehr-Feldwebels an dem Libyen-Projekt bekanntgemacht hatte.

Noch im Herbst 2006 erklärte der BND demnach dem Wehrdisziplinaranwalt der Bundeswehr, kein Mitarbeiter des BND kenne den Feldwebel.

Der Unteroffizier gehörte zu den Personenschützern des Generalinspekteurs Wolfgang Schneiderhan und bekleidete damit eine sicherheitsrelevante Vertrauensstellung. Dass er mit der Firma BDB zu tun hatte, wurde dem Verteidigungsministerium nach Darstellung eines hochrangigen Vertreters erst im März dieses Jahres klar. Bis dahin war man davon ausgegangen, dass der Feldwebel sozusagen auf eigene Rechnung in Nordafrika tätig gewesen sei.

Der Feldwebel wurde im April 2006 vom Dienst suspendiert, nachdem bekanntgeworden war, dass er Kameraden für das Training libyscher Sicherheitskräfte anwerben wollte. Er gab nach den Informationen der SZ zunächst an, seine militärischen Vorgesetzten und der BND wüssten von seiner Nebentätigkeit; auch sei eine Länderpolizei an der Ausbildung der Libyer beteiligt. Zur Überprüfung dieser Aussage wandte sich der Wehrdisziplinaranwalt an die potentiell beteiligten Dienststellen, darunter den BND. Darauf erhielt er im Herbst die Auskunft, man kenne den Feldwebel nicht. Auch gab es keinerlei Hinweis darauf, dass der BND wusste, dass etwa 30 aktive und ehemalige Elite-Polizisten in Libyen dortige Sicherheitskräfte trainierten.

Der ehemalige Chef der inzwischen insolventen BDB, Volker Bergmann, sagte der Zeitung Westfalenblatt, die deutsche Botschaft in Tripolis sei über die Tätigkeit seiner Firma informiert gewesen. Man habe sich drei oder vier Mal mit Botschaftsangehörigen zum Essen getroffen. Nach bisherigen Erkenntnissen muss es sich dabei um BND-Mitarbeiter gehandelt haben. In Regierungskreisen hieß es, nicht das Personal des Auswärtigen Amtes, sondern der BND habe den Kontakt zu BDB gehalten. Bergmann will nicht gewusst haben, dass seine Gesprächspartner dem BND angehörten. Laut Informationen aus dem BND untersagte die Geheimdienstzentrale in Pullach ihrem Residenten in Tripolis weitere Kontakte zu BDB, nachdem die Anfrage des Wehrdisziplinaranwalts eingegangen war.

Die dubiose Rolle des BND in diesem Fall hat in der Union offenbar Überlegungen ausgelöst, die seit langem vor sich hindümpelnden Bemühungen um eine Reform der Geheimdienstkontrolle voranzutreiben. Man wolle noch in dieser Woche mit SPD und FDP darüber sprechen, kündigte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundesfraktion, Norbert Röttgen, an. An diesem Mittwoch will sich das Parlamentarische Gremium für die Kontrolle der Geheimdienste mit dem Libyen-Fall befassen. Wie weit die Aktivitäten von BDB rechtlich zulässig waren, ist umstritten. Weitgehend einig ist man sich in Berlin jedoch, dass eine Sicherheitszusammenarbeit mit einem totalitären Staat wie Libyen politisch nicht opportun ist.

© SZ vom 09.04.2008/gba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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