Libanon:"Das Volk hat gesagt, dass es einen Wechsel will"

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Nach der letzten Runde der Parlamentswahlen hat sich Saad Hariri, Sohn des ermordeten Ex-Ministerpräsidenten Rafik Hariri, zum Wahlsieger erklärt. Im neuen Parlament wird es eine anti-syrische Mehrheit geben.

"Das Volk hat gesagt, dass es einen Wechsel will", sagte Hariri am späten Sonntagabend.

Zuvor hatte einer der Kandidaten von Hariris Liste erklärt, das Oppositionsbündnis steuere auf die absolute Mehrheit im Parlament zu.

Der ehemalige Innenminister und pro-syrische Abgeordnete Suleiman Frandschieh, ein Freund des syrischen Präsidenten Baschar el Assad, räumte die Niederlage seiner Liste ein. "Aber selbst wenn wir verloren haben, sind wir die wahren Repräsentanten" der christlichen Orte im Nordlibanon, sagte Frandschieh dem libanesischen Satellitensender LBCI.

Mit dem offiziellen Ergebnis wurde im Laufe des Montags gerechnet. Es war die erste Parlamentswahl seit dem Abzug der syrischen Truppen im April.

Der Ausgang der Wahl entscheidet darüber, ob Libanon sieben Wochen nach dem Abzug der syrischen Truppen eine Regierung bekommen wird, die sich aktiv gegen jede künftige Einmischung des "Großen Bruders" in Damaskus wehren wird.

Zwei-Drittel-Mehrheit wohl verfehlt

"Eine Veränderung im Parlament war unvermeidlich", sagte Hariri der Nachrichtenagentur AFP. Sollte sich der Sieg des 35-jährigen Geschäftsmannes bestätigen, würde sein anti-syrisches Bündnis über die absolute Mehrheit in dem 128-köpfigen Parlament verfügen.

Nach den ersten drei Wahlrunden war am Sonntag im Norden des Landes über die verbleibenden 28 Mandate für das Parlament abgestimmt worden. Hariris Bündnis fehlten vor dem dritten Urnengang noch 21 Mandate für die absolute Mehrheit.

Sollte Hariri die letzte Runde der Wahl für sich entschieden haben, könnte der 35-jährige Geschäftsmann in die Fußstapfen seines Vaters treten, der fünf Mal Ministerpräsident war und Mitte Februar ermordet worden war.

Die nötige Zweidrittelmehrheit für eine Verfassungsänderung würde dem anti-syrischen Bündnis von Hariri aber fehlen. Nur so könnte die Amtszeit des pro-syrischen Präsidenten Emile Lahoud verkürzt werden, der noch mehr als zwei Jahre im Amt ist.

Konfessionelles Proporzsystem

Die Parlamentswahlen wurden von europäischen Beobachtern überwacht. Offiziellen Schätzungen zufolge lag die Wahlbeteiligung bei der letzten Runde bei 48 Prozent. Insgesamt waren rund 700.000 Wähler im Norden des Landes aufgerufen, die noch offenen 28 Mandate zu bestimmen.

In den ersten drei Runden hatte Hariri, der mit dem drusischen Oppositionsführer Walid Dschumblatt koaliert, 44 Mandate erreicht. Das pro-syrische Schiitenbündnis aus Hisbollah und Amal kam auf 35 Sitze, Aoun auf 21.

An den vier Wahlsonntagen waren insgesamt rund drei Millionen Libanesen wahlberechtigt, die zu 59 Prozent Muslime und zu 41 Prozent Christen der verschiedensten Konfessionen sind. Das konfessionelle Proporzsystem Libanons legt genau fest, wie viele Angehörige der einzelnen Religionsgruppen im Parlament vertreten sind. Außerdem muss der Staatspräsident ein maronitischer Christ, der Regierungschef ein sunnitischer Muslim und der Parlamentssprecher ein schiitischer Muslim sein.

In den drei vorherigen Legislaturperioden seit Ende des Bürgerkriegs 1990 hatten stets die pro-syrischen Abgeordneten das Parlament dominiert.

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