Die Wortspiele der Medien müssen vorerst weiter in der Schublade bleiben. Bei Bayer Leverkusen ist nach drei Spielen noch nichts herrlich, der gleichnamige Trainer mit Vornamen Heiko wirkt geschlaucht. Aber nun winkt Unterstützung. Herrlich bekommt gleich mehrfach Hilfe. "Wir wollen jetzt alles voll aufs Gleis bringen, die PS maximal abrufen", sagt er wie ein Führer im Verkehrsmuseum. Es geht gegen den Stillstand.
Der kriselnde Bundesligist will seine Präsenz an drei markanten Stellen erhöhen: im Sturm, in der Abwehr - und auf der Bank. Leverkusen ist mit nur einem Punkt aus drei Spielen in die Saison gestartet, man ist Drittletzter, das ist der schlechteste Saisonstart in der Vereinsgeschichte. Doch man hat Lösungen vor Augen. Die schwache Torausbeute soll der Argentinier Lucas Alario verbessern, die Abwehrschwäche soll der Grieche Panagiotis Retsos lindern und ein offenbar intern wahrgenommenes Phlegma auf der Ersatz- und Betreuerbank soll der Franke Jonas Boldt bekämpfen.
Der eigentlich als Manager fungierende 35-Jährige sitzt ab dem Heimspiel gegen den SC Freiburg am Sonntagnachmittag statt auf der Tribüne auf der Bank, weil man dort jemanden zu benötigen glaubt, der die Spieler anspornt und sich im Bedarfsfall auch mal lautstark beim Vierten Offiziellen beschwert. Sportchef Rudi Völler, der mit seiner bisweilen aggressiven Art für diese Funktion ebenso prädestiniert wie vielleicht übermotiviert erscheint, hatte an dieser Tätigkeit offenbar kein Interesse.
Der 19-jährige Millioneneinkauf Retsos soll gegen Freiburg starten
Boldt und Retsos sollen gegen Freiburg bereits mithelfen, den ersten Saisonsieg zu sichern. Alario besitzt hingegen noch keine Spielfreigabe, weil sich sein Klub River Plate in Argentinien weiterhin weigert, den Wechsel anzuerkennen. Man hat die 23,48 Millionen Euro Ablöse aus dem Rheinland bislang nicht angenommen und sich stattdessen beim Weltverband Fifa beschwert. Bis Dienstag wird der argentinische Fußballverband bei der Fifa eine Stellungnahme abgeben, eine Entscheidung fällt erst danach. Vor dem nächsten Wochenende wird Alario folglich kaum spielberechtigt sein.
Umso freudiger reagieren die Leverkusener darauf, dass wenigstens der 19 Jahre alte Retsos, Ende August von Olympiakos Piräus verpflichtet und erst vor wenigen Tagen ins Mannschaftstraining eingestiegen, schon bereit zu sein scheint für einen Einsatz in der Innenverteidigung. "Er macht einen sehr guten Eindruck, und es könnte sehr gut sein, dass er von Beginn an spielt", sagt Herrlich. Die gleich doppelte rhetorische Verwendung der schulischen Höchstnote in Verbindung mit den bisherigen acht Gegentoren in drei Spielen deuten darauf hin, dass Herrlich seine vormalige Abwehr mit Benjamin Henrichs, Jonathan Tah, Sven Bender und Wendell verändern will.
Wenn es dann sonst noch an etwas mangelt, mental oder kommunikativ, dann soll vom Spielfeldrand aus Boldt helfen. "Mit ihm haben wir eine zusätzliche Kraft auf der Bank, so dass ich mich aufs Spiel konzentrieren kann", sagt Herrlich. Was Boldt genau leisten kann, muss die Zukunft zeigen, eine Schlüsselqualifikation nennt Herrlich aber schon mal: "Er spricht perfekt Spanisch." Soll sich also niemand wundern, wenn es bei Bayer künftig öfter mal heißt: "Vamos!"