Leitantrag zur Bürgerversicherung:Drängende Fragen nach dem Wohin

Lesezeit: 2 min

Junge und Linke sind mit den unpräzisen Aussagen der SPD-Spitze zur Bürgerversicherung unzufrieden. Denn die scheuen sich vor dem radikalen Umbau des Versicherungssystem und wollen daher erstmal eins: Prüfen, prüfen, prüfen.

Von Hans-Jörg Heims

(SZ vom 19. November 2003) Als hätte es Olaf Scholz nach seiner Wahlschlappe nicht schon schwer genug: Ausgerechnet in einer Phase, als sich die Parteitagsdelegierten noch eifrig über die kurz zuvor bekannt gegebenen Resultate der Vorstandswahlen austauschten, musste der SPD-Generalsekretär ans Rednerpult treten, um den Leitantrag zur Agenda 2010 zu begründen.

So sprach der Parteimanager minutenlang wie gegen eine Wand, bis Tagungspräsidentin Heide Simonis ihm endlich Aufmerksamkeit verschaffen konnte. Der Auftritt von Scholz wurde danach allerdings nicht besser.

Dem Interesse an der inhaltlichen Auseinandersetzung schadete dies allerdings nicht. Mehr als hundert Delegierte meldeten sich zu Wort. Im Gegensatz zu Parteichef Gerhard Schröder am Vortag griff Scholz das für die SPD immer noch heikle Thema der Bürgerversicherung auf.

Einig sind sich die Genossen in der Ablehnung von einkommensunabhängigen Kopfpauschalen. Jeder Redner konnte sich des Beifalls der Delegierten sicher sein, wenn er über die von der Herzog-Kommission der CDU vorgeschlagene Pauschale als unsolidarisch herzog.

Doch während Jusos und jüngere SPD-Politiker schon seit längerer Zeit fordern, eine Bürgerversicherung "nicht auf die lange Bank zu schieben", wie das die Sprecherin der Linken, Andrea Nahles, in der Debatte formulierte, tut sich die Parteiführung noch schwer mit solch einem massiven Umbau des Krankenversicherungssystems.

Scholz sagte, es wäre gut, wenn im nächsten Bundestagswahlkampf 2006 Bürgerversicherung gegen Kopfpauschale zur Abstimmung stünden. Freilich warnte der Generalsekretär vor voreiligen Festlegungen: "Wir dürfen nichts falsch machen, sondern müssen präzise sein", sagte er. Doch vor konkreten Aussagen hat sich die SPD-Führung bisher gedrückt.

Prüfen, prüfen, prüfen

Sehr allgemein ist der entsprechende Passus im Leitantrag formuliert. Wer viel verdiene, gesund oder jung sei, dürfe sich nicht der Solidarität der Krankenversicherung entziehen, heißt es da. Die Antragskommission hat die Formulierung zwar um einige Sätze ergänzt, doch der Fuß bleibt auf der Bremse.

Prüfen, prüfen, prüfen - lautet die Devise. Geprüft werden soll, auf welchem Weg ein fairer Wettbewerb zwischen privaten und gesetzlichen Kassen möglich gemacht werden soll. Und geprüft werden soll auch, ob andere Einkommen als Löhne und Gehälter zu Beitragszahlungen herangezogen werden sollen.

Diese Aussagen gingen den Kritikern des Leitantrags nicht weit genug. Es reiche nicht aus, nur den Weg zu beschreiben. Vielmehr müsse das Wohin viel deutlicher werden, erklärten sie. Der Bundestagsabgeordnete Horst Schmidbauer forderte etwa, man müsse noch in dieser Legislaturperiode präziser formulieren, was die SPD unter einer Bürgerversicherung verstehe.

Das Thema sei eine sozialdemokratische Aufgabe; es gebe keinen Grund, sich vor konkreten Aussagen zu drücken, denn fachlich sei längst alles ausdiskutiert. Schmidbauer ist sicher, dass die Bürgerversicherung die Krankenkassen wieder zukunftsfest machen könne, aber es müssten auch Beamte und Selbstständige einzahlen. Ebenso müssten Zins- und Kapitaleinkünfte einbezogen werden.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: