Landtagswahlen:Jahr der Wahrheit im Osten

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Drei Landtagswahlen stehen im kommenden Jahr in Ostdeutschland an. Nicht nur für die umstrittene FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper dürften sie zu einer Bewährungsprobe werden. Auch für Parteichef Guido Westerwelle, der Wahlergebnisse immer auch als Gradmesser seines eigenen Erfolgs sieht, geht es dabei um viel.

Von Philip Grassmann

(SZ vom 29. Oktober 2003) Sollten die Liberalen dieses Mal in den neuen Bundesländern nicht wesentlich besser abschneiden als bei den letzten Wahlen, geriete der Vorsitzende in ernsthafte Schwierigkeiten. Die Ausgangslage ist nicht gerade rosig.

In Sachsen und Thüringen kam die FDP bei den Landtagswahlen im September 1999 jeweils auf gerade einmal 1,1 Prozent, in Brandenburg waren es einen Monat später 1,9 Prozent. Vor allem in Thüringen ist die Lage der Partei desolat. Der Landesverband ist tief zerstritten; im Thomas Dehler-Haus, der Berliner Parteizentrale, ist gar von "zwei Parteien in einer" die Rede. Nur wenige Monate vor der Wahl sind die Liberalen hauptsächlich mit internem Streit beschäftigt, statt sich um die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner zu kümmern.

Generalsekretärin Pieper hat sich bereits mehrfach darum bemüht, die verfeindeten Lager zu befrieden, bisher ohne Erfolg. Nach wie vor stehen sich die Anhänger des früheren FDP-Bundesvize Jürgen Möllemann und das Westerwelle-Lager unversöhnlich gegenüber. Besonders unangenehm für die Partei ist dabei, dass ausgerechnet die Wahl in Thüringen am 13. Juni der Auftakt im Jahr der Bewährung sein wird.

Gute kommunale Verankerung

Größere Chancen rechnen sich die Liberalen in Brandenburg aus. Dort wird voraussichtlich ebenso wie in Sachsen am 19. September gewählt. In Brandenburg kam die FDP bei der Kommunalwahl vom vergangenen Sonntag auf passable 6,4 Prozent, in aktuellen Umfragen erreicht sie ähnliche Werte.

Der einst zerstrittene Landesverband hat sich unter der Führung des ehemaligen nordrhein-westfälischen Bundestagsabgeordneten Heinz Lanfermann konsolidiert. Inzwischen wird die FDP sogar wieder als Machtfaktor in Erwägung gezogen. Noch am Abend der Kommunalwahl rief CDU-Landeschef Jörg Schönbohm bei Lanfermann an, um sich zu einem Gespräch unter vier Augen zu verabreden.

In Sachsen stehen die Chancen nicht ganz so gut. Das Berliner Dehler-Haus hofft dennoch, dass sich die gute kommunale Verankerung der Partei am Wahlabend auszahlen wird; schließlich stellt die FDP in Sachsen zahlreiche Bürgermeister. In Umfragen rangieren die Liberalen derzeit zwischen vier und fünf Prozent.

Der Landesvorsitzende Holger Zastrow will den Wettstreit um die Wählergunst so führen, wie er das als Chef einer Werbeagentur aus der freien Wirtschaft kennt. Der forsche Manager hat jedoch mit einem Problem zu kämpfen, das sich mit flotten Werbesprüchen kaum ausräumen lässt: Die FDP hat Schwierigkeiten, genügend Kandidaten für die Landtagswahl zu finden. Viele Kommunalpolitiker zögern, sich auf das ungewisse Abenteuer einzulassen.

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