Landtagswahl in Berlin:Berlin bleibt bunt

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In der Hauptstadt tagen zwei Fünf-Parteien-Parlamente: Eines im Bundestag und eines im Abgeordnetenhaus. Das macht Mehrheitsfindungen entlang der klassischen Grenzen schwierig. Im Land Berlin wird aber flexibler gedacht.

Bernd Oswald

Die Berliner und ihre Politiker sind immer für eine Überraschung gut. Soeben sorgte Finanzsenator Thilo Sarrazin für Aufregung, als er mit Blick auf den Zwischenstand bei Abbau der Schulden verwies: "Der Schutt ist abgeräumt. Wir leben hier nicht mehr im Jahre 1945. Sondern wir leben im Jahr 1947."

Überraschend war auch das Wahlergebnis von 2001, als es keine Partei schaffte, über die 30 Prozent zu kommen, ebenso wie die Überlegungen, eine Ampelkoalition zu formen. Das haute dann nicht hin und so schmiedete der wenige Monate vor der Wahl durch ein konstruktives Misstrauensvotum an die Macht gekommene Bürgermeister Klaus Wowereit eine rot-rote Koalition mit der PDS. Dass die Sozialisten ihre Ikone Gregor Gysi als Wirtschaftsminister in die Regierung schickten, sorgte für weitere Schlagzeilen.

Auch dieses Mal ist der Wahlausgang völlig offen. Vermutlich werden SPD, CDU, PDS, FDP und Grüne wieder ins Abgeordnetenhaus zurückkehren, was die Merhheitsfindung nicht leichter macht.

Wowereit notfalls für Dreierbündnis

Die SPD dürfte erneut stärkste Kraft werden, was sie zu einem guten Teil auch der Popularität von Bürgermeister Klaus Wowereit verdankt. Der kann sich mehrere Regierungskonstellationen vorstellen. Eine große Koalition schließt er allerdings aus, weil die Berliner CDU "inhaltlich und personell in einem desolaten Zustand" sei und "aus ihren Fehlern in der Vergangenheit nichts gelernt" habe.

Eine wirkliche Präferenz äußert Wowereit nicht: Zwar kann er sich eine weitere Zusammenarbeit mit der Linkspartei.PDS vorstellen, verweist aber auch auf die "vielen Berührungspunkte" mit den Grünen, mit denen er im Sommer 2001 eine Minderheitsregierung bildete.

Da gut möglich ist, dass es weder für Rot-Rot noch für Rot-Grün reicht, kursiert auch die Option Rot-Rot-Grün. Wowereit sagt bisher nur, dass "notfalls auch ein Dreierbündnis in Frage kommt". Das Linksbündnis dürfte in diesem Fall wahrscheinlicher sein als eine Ampelkoalition, die sich ja schon vor fünf Jahren nicht realisieren ließ.

Große Unbekannte WASG

Für die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Friedbert Pflüger gibt es keine guten Aussichten auf eine Rückkehr ins Rote Rathaus. In den Umfragen dümpeln die Konservativen bei etwas mehr als 20 Prozent; noch unter dem 23,8-Prozent-Rekordtief von 2001. Selbst eine schwierig zu zimmernde schwarze Ampel hätte wohl keine Mehrheit.

Vollends unkalkulierbar würde die Lage, falls auch noch die WASG den Sprung ins Abgeordnetenhaus schaffen würde. Die SPD-Abspaltung tritt aus Protest gegen die mitregierende Linkspartei.PDS an, der sie einen unsozialen Sparkurs vorwirft. Dabei arbeiten PDS und WASG auf Bundesebene weiterhin an ihrer Fusion.

Die Umfragewerte für die Berliner WASG sind sehr volatil, zwischen einem und fünf Prozent wurde schon alles gemessen. Aber Berlin ist ja immer für eine Überraschung gut.

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