Kultureinrichtungen:Zugriff erleichtert

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Wissenschaftliche Bücher lassen sich mit dem neuen Urheberrecht einfacher elektronisch durchsuchen: Blick in den Lesesaal der Sächsischen Landesbibliothek in Dresden. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)

Die EU-Richtlinie betrifft nicht nur soziale Netzwerke oder Verlage. Warum Museen und Bibliotheken die neuen Regeln befürworten.

Von Catrin Lorch und Felix Stephan

Hunderttausende hatten in den vergangenen Tagen auf den Straßen und im Netz gegen das neue EU-Urheberrecht protestiert, in europäischen Kulturinstitutionen wie Archiven oder Museen dagegen überwog am Dienstag die Erleichterung. Denn diese Einrichtungen profitieren von den jetzt im EU-Parlament gebilligten Regelungen. Anke Schierholz, die Justiziarin der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst, sagte am Dienstag, dass Museen und Sammlungen von dem umstrittenen Artikel 13 kaum betroffen seien und die viel wichtigere Vorschrift in ihrem Bereich Artikel 7 sei, der "im Ergebnis zu einer deutlichen Erleichterung des Rechteerwerbs durch Museen und Archive führen wird".

In Zukunft müssen Museen und Archive nicht mehr mühsam die einzelnen Rechteinhaber und Erben ausfindig machen, sondern können direkt mit Verwertungsgesellschaften zusammenarbeiten. "Das eigentlich Interessante an Artikel 7 ist, dass die Lizenzierungsbefugnis der VGs auch sogenannte Außenseiter erfasst - und damit eine Lizenz der VGs den Museen und Sammlungen vollständige Rechtssicherheit gewährt."

Einfacher wird die Arbeit auch für die europäischen Bibliotheken. Nach der Urheberrechtsreform ist es dort leichter möglich, in den Bibliotheksbeständen Data- und Text-Mining zu betreiben. Das heißt, dass man jetzt für seine eigenen Forschungen unbegrenzt die Bestände wissenschaftlicher Bibliotheken nach Schlagworten durchsuchen kann und nicht mehr gezwungen ist, sich langwierig von Fußnote zu Fußnote zu hangeln. Für eine datenbasierte Literaturwissenschaft, wie sie etwa der italienische Literaturwissenschaftler Franco Moretti entwickelt hat, ist das beispielsweise unerlässlich. Außerdem ist es fortan leichter, Materialien aus der Bibliothek zur Veranschaulichung in der Lehre zu lizenzieren, auf vergriffene Werke zuzugreifen und Werke auch in nationenübergreifenden Netzwerken zu archivieren, wie der Deutsche Bibliotheksverband mitteilte. Vor allem für diesen Punkt war eine Harmonisierung der verschiedenen nationalen europäischen Urheberrechtsbestimmungen notwendig.

Doch obwohl die Reform für die europäischen Bibliotheken einige Erleichterungen bedeutet, äußerte sich der Bibliotheksverband vor der Entscheidung auch kritisch über die EU-Richtlinie, vor allem mit Blick auf die umstrittenen Paragrafen 11 und 13. Paragraf 11 ist das Leistungsschutzrecht der Presseverleger. Dieses besagt, dass Plattformen, die Artikelinhalte in Kurzform veröffentlichen, für diese bezahlen müssen. In Deutschland, wo die Regelung schon länger existiert, habe sie sich allerdings als wirkungslos herausgestellt. Trotzdem wurde sie mit der Reform nun auf die ganze EU ausgeweitet.

Und Paragraf 13 verpflichtet Internetplattformen, sämtliche Benutzerinhalte vor dem Hochladen auf mögliche Urheberrechtsverletzungen zu prüfen. Obwohl wissenschaftliche Sammlungen und Archive von dem Paragrafen ausgenommen seien, habe er potenziell unüberschaubare Konsequenzen für den Zugang zu freiem Wissen. Das halte man für den falschen Weg, erklärte der Verband vor der Abstimmung, "und wegen der nicht abzuschätzenden Folgen für das freie Internet auch für gefährlich".

© SZ vom 27.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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