Kritik an der Nato:Struck: "Es reicht nicht, vorgefertigte Statements abzulesen"

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Beim Thema Nato hat sich beim Verteidigungsminister offenbar eine Menge Frust angestaut: Ganz undiplomatisch fordert er mehr Mitsprache in politischen Fragen.

Nico Fried und Peter Blechschmidt

Bundesverteidigungsminister Peter Struck hat mehr Effizienz innerhalb der Nato gefordert. Vor der Gesellschaft für Auswärtige Politik sagte Struck, die Nato müsse wieder stärker der Ort für den politischen und strategischen Dialog der transatlantischen Partner werden.

"Das war in den vergangenen Jahren ganz sicher häufig nicht mehr der Fall", sagte der SPD-Politiker. Die Nato habe zwar ihre militärische Transformation vorangetrieben, jetzt gehe es aber darum, ihr auch politisch wieder mehr Stellenwert zu geben.

Nato-Generalsekretär Jaap De Hoop Scheffer forderte in Berlin eine "echte strategische Partnerschaft" zwischen Nato und Europäischer Union.

Abnicken reicht nicht

Struck kritisierte die gegenwärtigen Strukturen der Nato. Die Verteidigungsminister müssten ihren politischen Dialog intensivieren. "Dazu sollten die Treffen der Minister entfrachtet werden von Routineangelegenheiten", sagte Struck im Beisein de Hoop Scheffers.

"Im Mittelpunkt kann nicht länger das Abnicken vorgefertigter Kommuniqués oder das Verlesen vorgefertigter Statements stehen", sagte der Minister. Daraus könne keine substanzielle Diskussion entstehen. Dies mache ihn, aber auch einige seiner Kollegen unzufrieden.

Am Beispiel des Kosovo verdeutlichte Struck, dass die Verteidigungsminister stärker in politische Fragen eingebunden werden müssten. Das "diplomatische Gerangel" um die Zukunft der Provinz werde "auf dem Rücken der Soldaten ausgetragen".

Die Verteidigungsminister würden hier "zu einseitig als ausführendes Organ und nicht als mitspracheberechtigte und verantwortliche Ressortminister verstanden". Mit Blick auf die Entwicklung in Afghanistan forderte Struck ebenfalls eine klare Perspektive: Es reiche nicht aus, einem Einsatz zuzustimmen.

Zusagen ohne Ziele

"Neben der Zusage muss auch definiert werden, welches Ziel erreicht werden soll."

Nato und EU müssten ihre oft proklamierte strategische Partnerschaft praktische Wirklichkeit werden lassen, sagte de Hoop Scheffer in der Berliner Humboldt-Universität.

Nato und EU, die in Werten und Zielen übereinstimmten, dürften sich nicht als Konkurrenten auf dem Markt der Außen- und Sicherheitspolitik verstehen. Er strebe ein "Dreieck der Zusammenarbeit" zwischen EU, Nato und Vereinigten Staaten an.

Nato und EU arbeiteten auf vielen Gebieten, etwa auf dem Balkan, flexibel zusammen. Ein ähnlich pragmatischer Ansatz sei auch auf der politischen Ebene nötig. Man brauche "eine Partnerschaft, die sicherstellt, dass wir einander ergänzen und verstärken, ohne politische Rivalitäten oder Vorbedingungen".

Dies werde leichter fallen, wenn es den in der künftigen EU-Verfassung vorgesehenen gemeinsamen EU-Außenminister gebe. Schon vorher sollte die EU-Kommission stärker in die Zusammenarbeit mit der Nato einbezogen werden.

Gegen die USA geht nichts

Die Außenminister von Nato und EU sollten sich ein- bis zweimal im Jahr informell zu Gesprächen treffen. Mit diesem Vorschlag sei auch die Bundesregierung einverstanden.

Die Voraussetzungen für eine strategische Partnerschaft seien nicht schlecht. US-Präsident George Bush habe deutlich gemacht, "dass die USA die Europäische Union weder gering schätzen noch spalten wollen". Zugleich habe sich gezeigt, "dass die Identifikation Europas gegen die USA ein Irrweg ist".

© SZ vom 13.5.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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