Kritik am Gesundheits-Kompromiss der Union:"Das Geld stimmt hinten und vorne nicht"

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Nach wochenlangen Auseinandersetzungen haben Angela Merkel und Edmund Stoiber ihre Vorschläge zur Reform der Krankenversicherung vorgestellt - und verteidigen sie gegen den Vorwurf, ein bürokratisches Monster zu sein. An der Spitze der Kritiker steht Gesundheitsministerium Ulla Schmidt.

Schmidt kritisierte das Unionsmodell zur Gesundheitsreform scharf: "Das ist eine bürokratische Kopfgeburt. Das Geld stimmt hinten und vorne nicht", sagte die SPD-Politikerin am Montag in Berlin. Das Konzept der Union beinhalte alle negativen Elemente der Kopfpauschale. Schmidt verlangte, CDU und CSU müssten sofort sagen, welche Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen werden sollen. Irgendwo müsse die Finanzierung ja herkommen.

Schon in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung hatte Schmidt der Union vorgeworfen, neue Bürokratien aufzubauen, "obgleich Bürokratie abgebaut werden muss."

Bei der Vorstellung des Reform-Modells wies Merkel Schmidts Vorwurf zurück, dass das Unionsmodell zu einem bürokratischen "Monster" werde. Sie verwies auf die einheitliche Prämie von 169 Euro pro Versichertem. Damit sei aus dem Blickwinkel der Kassen jeder, unabhängig vom Gehalt, "gleich guter Kunde".

Die Union plant für alle gesetzlich Krankenversicherten eine Prämie von 109 Euro. Für Versicherte, für die dies mehr als sieben Prozent des Einkommens bedeuten würde, ist ein Sozialausgleich vorgesehen.

Damit die Krankenkassen kostendeckend arbeiten können, sollen sie 169 Euro pro Versicherten erhalten. Dazu plant die Union, den Krankenkassenbeitrag der Arbeitgeber bei 6,5 Prozent einzufrieren und damit einen Gemeinschaftstopf zu füllen. Aus diesem Sondervermögen sollen 60 Euro je Versicherten direkt an die Kassen fließen.

Kinder von gesetzlich Versicherten sollten keine eigene Prämie zahlen müssen. Diese Mitversicherung solle von der Allgemeinheit über die Steuern getragen werden. Dafür hätten sich CDU und CSU darauf geeinigt, den Spitzensteuersatz von 42 auf 39 Prozent statt wie geplant auf 36 Prozent zu senken. Sie betonte: "Es bleibt dabei. Die Union senkt Steuern."

Merkel sagte weiter, das Modell sei eine wichtige Weichenstellung im Gesundheitswesen. "Sozial ist vor allem das, was Arbeit schafft."

Auch CSU-Chef Edmund Stoiber (CSU) hob hervor, dass die Abkoppelung der Lohnkosten von den Gesundheitskosten immens wichtig sei. Dadurch würde die Voraussetzung für mehr Wachstum geschaffen. Bei Übernahme der Regierungsverantwortung wäre die Union sofort handlungsfähig. Die Arbeitgeberbeiträge sollen in ein Sondervermögen gehen und über die Finanzämter an die Kassen gezahlt werden.

Kritik am Gesundheits-Kompromiss der Union gab es auch aus der FDP. Generalsekretärin Cornelia Pieper sagte in der ARD: "So wie das jetzt beschlossen worden ist von der CDU und CSU, ist es mit der FDP nicht durchsetzbar in einer Regierungskoalition."

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Sie könne nicht erkennen, "dass durch das neue Modell der Union die Sozialbeiträge sinken werden". Es müsse aber das Ziel sein, "dass die Beiträge sinken, dass die Lohnzusatzkosten sinken und dass Arbeit wieder finanzierbar wird".

Der Vorstandschef der Barmer Ersatzkasse, Eckart Fiedler, nannte das Modell problematisch. Offenbar sei es nur noch darum gegangen, "dass die Hauptbeteiligten ihr Gesicht wahren können", sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung. Zudem werde das Finanzierungssystem erheblich komplizierter, weil die Kasseneinnahmen aus mehreren Töpfen gespeist würden.

© sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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