Krise in Ostafrika:Somalische Regierung will Kriegsrecht verhängen

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Nach der Besetzung strategischer Positionen in der Hauptstadt Mogadischu durch Regierungstruppen kündigen Islamisten nun den Guerilla-Krieg an

Nach dem Rückzug der islamistischen Milizen aus Mogadischu hat sich die somalische Übergangsregierung am Freitag bemüht, die Hauptstadt unter ihre Kontrolle zu bringen. Tausende schwer bewaffneter Soldaten, unterstützt von Truppen aus dem Nachbarland Äthiopien, bezogen nach Berichten von Augenzeugen an strategisch wichtigen Orten wie dem Flughafen und dem Hafen Stellung. Der Chef der Übergangsregierung, Ali Mohamed Gedi, begab sich nach Mogadischu. Friedensverhandlungen mit den aus der Stadt vertriebenen Islamisten lehnte Gedi ab.

Mehrere hundert jubelnder Einwohner begrüßten ihn, als er in einem schwer bewaffneten Konvoi im Norden der Stadt eintraf. Zugleich demonstrierten dort mehrere tausend Menschen gegen die Präsenz äthiopischer Truppen. Sie warfen mit Steinen und setzten Autos in Brand.

Islamisten ohne Uniform weiter in Mogadischu

Gedi kündigte an, die Regierung werde am Samstag das Parlament darum bitten, das Kriegsrecht über das Land zu verhängen. Zudem verhandelten Regierungsmitglieder mit Clan-Führern über die künftige Machtaufteilung. Die Kriegsherren hatten in Mogadischu geherrscht, bis die islamistischen Rebellen sie im Juni vertrieben und in der Folge große Teile Südsomalias kontrollierten.

Der äthiopische Ministerpräsident Meles Zenawi sagte in Addis Abeba, 2000 bis 3000 islamistische Kämpfer seien getötet und 4000 bis 5000 verletzt worden. Äthiopien habe einige hundert Tote zu verzeichnen. Äthiopien werde noch einige Wochen weiterkämpfen, bis Extremisten und ausländische Kämpfer, die die Islamisten unterstützten, besiegt seien. Die Afrikanische Union (AU) hatte Äthiopiens am Mittwoch aufgefordert, seine Truppen sofort aus Somalia abzuziehen.

Die Islamisten, die sich am Donnerstag in ihre 500 Kilometer südlich von Mogadischu gelegene Hochburg Kismayu zurückgezogen hatten, drohten mit einem Guerilla-Krieg. "Wir werden uns den Äthiopiern und der somalischen Regierung niemals ergeben", sagte ein Anführer der Milizen, Scheich Mohammed Ibrahim Bilal, der Nachrichtenagentur AFP.

Die Deutsche Presseagentur berichtetet, ein Teil der islamistischen Kämpfer sei in Mogadischu geblieben und habe lediglich die Uniformen abgelegt. Augenzeugen zufolge rasierten sie sich die Bärte ab und setzten ihre Turbane ab. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, es seien nur noch vereinzelt Schüsse zu hören gewesen, auch sei es nicht mehr zu Plünderungen gekommen. Die Bewohner trauten sich wieder aus ihren Häusern.

Die UN wollten ihre Hilfe für die notleidende Bevölkerung am Wochenende wieder aufnehmen. Nachdem Lieferungen aus der Luft wegen der Kämpfe gestoppt worden waren, gab die somalische Regierung am Donnerstag grünes Licht für neue Flüge. Die UN versorgen zwei Millionen Somalier, die wegen des Krieges sowie nach Dürre und Überschwemmungen auf Hilfe angewiesen sind. Die Bundesregierung forderte die Konfliktparteien zum Dialog auf. Falls nötig werde Berlin im Zuge seiner EU-Ratspräsidentschaft kommende Woche aktiv werden, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes.

© SZ vom 30.12./31.12.2006/1.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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