Krise in der SPD:Die Debakel-Debatte

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Nach Ypsilantis Scheitern trifft sich heute die Hessen-SPD zum Krisengipfel. Auf Bundesebene geht es ebenfalls hoch her. Manche Genossen stärken Kurt Beck den Rücken - aber auch der Name Franz Müntefering taucht wieder auf.

Nachdem Andrea Ypsilanti am Freitag ihr Scheitern eingestanden hat, geht die Debatte in der SPD weiter. Vor dem Hintergrund der Krise in Hessen und aktuell verheerenden Umfrageergebnissen zeigt sich die Partei weiter gespalten. Nach dem Aus für Rot-Rot-Grün in Hessen plädiert der konservative Seeheimer Kreis in der SPD für einen Verbleib von Kurt Beck im Amt des Parteivorsitzenden. "Beck hat einen Fehler gemacht - aber Fehler machen wir alle. Ich habe Beck gewählt, und ich werde es wieder tun. Ich stehe hinter ihm", sagte der Sprecher Johannes Kahrs der Bild-Zeitung. Es gehe beim Umgang mit der Partei Die Linke nicht um eine Personaldebatte, sondern um inhaltliche Fragen, betonte Kahrs im Focus.

"Kurt Beck bleibt Parteivorsitzender. Das ist für mich keine Frage", sagte auch der andere Seeheimer-Sprecher Klaas Hübner dem Münchner Magazin. "Die gesamte Verantwortung liegt bei der hessischen SPD." Kahrs und Hübner gehören zu den schärfsten Kritikern einer Öffnung der SPD für rot-rote Koalitionen im Westen.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Wend, sagte der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung: "Kurt Beck ist Vorsitzender und bleibt Vorsitzender." Es bestehe allerdings Gesprächsbedarf. "Kurt Beck muss sich insbesondere mit den beiden 'Stones' verabreden", sagte der SPD-Politiker. Als Stones werden im Partei-Jargon die beiden Beck-Stellvertreter Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück bezeichnet.

Müntefering angeblich wieder im Gespräch

Ganz andere Pläne haben laut einem Bericht der Bild-Zeitung andere SPD-Politiker. Es gebe Überlegungen, den ehemaligen Parteichef und Vizekanzler Franz Müntefering als SPD-Vorsitzenden zumindest übergangsweise zu reaktivieren. Dies berichtet Bild unter Berufung auf ein Telefonat, das führende SPD-Politiker am Freitag mit Müntefering geführt haben sollen. Der 2007 aus privaten Gründen zurückgetretene Arbeitsminister habe dabei dem Blatt zufolge eine Rückkehr ins Amt nicht kategorisch ausgeschlossen, falls SPD-Chef Kurt Beck als Vorsitzender zurücktrete.

Harsche Kritik an Ypsilanti und Beck kommt vom stellvertretenden hessischen SPD-Fraktionsvorsitzenden Jürgen Walter: "Wir dürfen uns nicht wundern, wenn die SPD irgendwann bei 15 Prozent liegt", sagte er dem Focus.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sieht seine Partei durch die jüngste Diskussion über eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei dagegen nicht beschädigt. "Bei uns war es etwas ruckelig in den letzten Tagen", räumte Heil ein in der Frankfurter Rundschau ein. Unterm Strich bleibe aber festzuhalten, dass die Landesverbände über die Regierungsbildung entschieden. In Hessen hält Heil eine große Koalition für denkbar. "Dieses Angebot haben die hessischen Sozialdemokraten bereits gemacht", sagte Heil der Zeitung.

Voraussetzung sei aber, dass sich Ministerpräsident Roland Koch (CDU) aus der Regierung zurückziehe. Auf die Frage, ob die SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti im Kabinett sein müsse, antwortete Heil der FR, Ypsilanti sei eine "starke Landesvorsitzende". Der Landesverband werde aber "eigenverantwortlich über solche Belange" entscheiden.

"Null Verständnis" für Metzger

In Hessen wird unterdessen über die Rolle der SPD-Abgeordneten Dagmar Metzger diskutiert. SPD-Vorstandsmitglied Hermann Scheer forderte die Darmstädterin auf, ihr Mandat niederzulegen: "Wer so weit geht, hat auch die Möglichkeit, sein Mandat zurückzugeben. Ich würde das für richtig halten", sagte er der Passauer Neuen Presse.

Die hessische SPD-Chefin Andrea Ypsilanti hatte am Freitag erklärt, sich am 5. April nun doch nicht mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen lassen zu wollen. Zuvor hatte die Abgeordnete Dagmar Metzger angekündigt, sie werde die geplante Tolerierung einer rot-grünen Minderheitsregierung durch die Linkspartei aus Gewissensgründen nicht mittragen. Er habe "null Verständnis" für Metzger, erklärte Scheer.

"Es zur Gewissensfrage zu erklären, ob man die eigene Spitzenkandidatin wählt, geht zu weit. Das ist parteischädigend." Ihr Direktmandat habe Metzger vor allem dem erfolgreichen Wahlkampf Ypsilantis zu verdanken. Auch einen Parteiausschluss Metzgers hält er dem Bericht zufolge für denkbar: "Es wird mit Sicherheit solche Bemühungen geben. Ich weiß nicht, welche Begründung dem widersprechen könnte", wurde er zitiert.

© sueddeutsche.de/AFP/AP/dpa/ihe/gba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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