Krankenkassenbeiträge 2006:Die Erwartungen gehen auseinander

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Die Beiträge der Ersatzkrankenkassen müssen nach Ansicht des Verbands der Angestellten-Krankenkassen im kommenden Jahr wieder steigen. Die großen Krankenkassen sehen das - bislang - nicht so.

Der Verband der Angestellten-Krankenkassen (VdAK) erwartet im kommenden Jahr einen Anstieg der Versicherungsbeiträge um 0,2 Punkte auf durchschnittlich 14,4 Prozent. Die VdAK-Vorsitzende Doris Pfeiffer begründete die vorläufige Prognose in der Bild am Sonntag mit steigenden Ausgaben für Medikamente, Arzt- und Klinikbehandlungen.

Zwei große Ersatzkassen und das Bundesgesundheitsministerium wandten sich gegen die Prognose. Die zugrunde liegenden Daten des ersten Quartals 2005 seien nicht aussagekräftig genug.

"Jetzt schon für das komplette nächste Jahr schwarz zu malen, ist einfach verfrüht", sagte die Sprecherin der größten deutschen Krankenkasse, der Barmer Ersatzkasse, am Sonntag der dpa in Berlin.

Ministeriumssprecher Klaus Vater sagte, die Schätzung sei "auf völlig unzureichender Datenbasis" vorgenommen worden. Gesetzlich beschlossene Mehreinnahmen und Einsparungen seien nicht enthalten.

Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage

Nach einer Umfrage der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat sich die wirtschaftliche Lage der gesetzlichen Krankenkassen ein Jahr nach Beginn der Gesundheitsreform im ersten Quartal 2005 wieder verschlechtert. Viele der großen Orts- und Ersatzkassen hätten das erste Vierteljahr mit einem Verlust oder deutlich niedrigeren Überschüssen als im Vorjahr abschlossen. Über die gesetzlich vorgeschriebene Senkung zur Jahresmitte um 0,9 Prozentpunkte hinaus seien Beitragssenkungen nicht zu erwarten.

Die Kaufmännischen Krankenkasse KKH erwartet laut FAZ am Jahresende "eine schwarze Null". Die Techniker-Kasse (TK) verzeichne ein Minus, die Deutsche Angestellten Krankenkasse DAK erwarte ein "kleines Plus". Die Barmer (BEK) rechne mit einem Überschuss.

Laut VdAK-Prognose könnten die Ausgaben für Medikamente, Arzt- und Klinikbehandlungen 2006 um 2,6 Milliarden Euro oder 2,1 Prozent steigen. Die BEK-Sprecherin sagte, in dieser Rechnung seien "noch viele Unbekannte". Vater kritisierte, unter anderem sei die Erhöhung des Bundeszuschusses von 1,0 auf 2,5 Milliarden Euro nicht eingerechnet.

Auch Einsparungen durch Hausarztmodell und integrierte Versorgung seien nicht berücksichtigt. Ebenfalls unberücksichtigt seien Einsparungen durch Rabatte, wie sie beispielsweise die BEK durch Direktverträge mit Herstellern erziele.

Der Chef der Gmündner Ersatzkasse (GEK), Dieter Hebel, sagte, die VdAK-Erwartungen würden von den Arbeiterersatzkassen nicht geteilt. Bei Arzneimitteln seien "in den gesetzlichen Bestimmungen noch genügend Regelungen zur Kostensenkung drin". Er plädierte dafür, stärker auf preisgünstigere Versandapotheken zu setzen.

Nach einem Bericht des Magazins Der Spiegel sollen einige Krankenkassen im vergangenen Jahr deutlich überhöhte Überschüsse ausgewiesen haben. Nach Angaben der Siemens-Betriebskrankenkasse seien die Bilanzen 2004 um mindestens 500 Millionen Euro geschönt worden, berichtete das Blatt. Die Kassen hatten einen Überschuss von rund vier Milliarden Euro ausgewiesen. Dieser speiste sich vor allem aus finanziellen Entlastungen durch die Gesundheitsreform, unter anderem durch höhere Zuzahlungen der Patienten zu Medikamenten und die Praxisgebühr.

Zur Bilanzaufbesserung hätten die Kassen Behandlungskosten von Klinikpatienten, die Ende 2004 ins Krankenhaus gebracht und erst im neuen Jahr entlassen wurden, nicht anteilig abgerechnet, sondern komplett ins neue Jahr verschoben.

Eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministerium sagte, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass solche Buchungspraktiken "in großem Umfang vorgekommen sind". Es handele sich um die Behauptung einer einzelnen Kasse, und eine Hochrechnung sei spekulativ und unseriös.

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