Referendum:Scharfe Warnung an die Kurden

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Wenn die Abstimmung über die Unabhängigkeit wie geplant stattfindet, wollen Türkei, Irak und Iran das Votum nicht hinnehmen und drohen mit "koordinierten Gegenmaßnahmen".

Von Luisa Seeling, München

Der Irak, Iran und die Türkei haben mit "koordinierten Gegenmaßnahmen" gedroht, sollten die irakischen Kurden an dem für Montag angesetzten Unabhängigkeitsreferendum festhalten. Bei einem Treffen am Rande der UN-Vollversammlung in New York bekräftigten die Außenminister der drei Staaten ihre "unzweideutige Ablehnung" des Volksentscheids. Das geht aus einer gemeinsamen Erklärung hervor, die das türkische Außenministerium am Donnerstag verbreitete. Der Entscheid müsse ausgesetzt werden, heißt es darin, er sei "verfassungswidrig" und erhöhe die Gefahr neuer Konflikte in der Region. Welche Maßnahmen Ankara, Teheran und Bagdad ergreifen wollen, falls die Abstimmung doch wie geplant stattfindet, ließ die Mitteilung offen.

Der Präsident der kurdischen Autonomieregion, Masud Barzani, machte zunächst keine Anstalten, das Referendum auszusetzen, trotz heftigen Widerstands im In- und Ausland. Am Montag hatte das oberste irakische Bundesgericht die Abstimmung für ungesetzlich erklärt und einen Stopp verfügt - ohne Erfolg. Barzani bekräftigte, es gebe zu dem geplanten Referendum keine Alternative.

Die irakische Regierung lehnt die Abstimmung ab, weil sie den Zerfall des Landes fürchtet, vor allem aber, weil nicht nur innerhalb der kurdischen Autonomieregion abgestimmt werden soll, sondern auch in Gebieten, die zwischen Bagdad und Erbil umstritten sind, etwa die ölreiche Provinz Kirkuk. Iraks Premier Haidar al-Abadi warnte am Wochenende mit Blick auf Kirkuk, dass die Armee eingreifen werde, wenn die irakische Bevölkerung von "ungesetzlicher Gewalt" bedroht werde.

Ins Leere liefen bisher auch Ankaras Versuche, das Referendum der Kurden zu verhindern. Die türkische Regierung hatte in den vergangenen Wochen auf diplomatischem Weg versucht, den Druck auf Erbil zu erhöhen, nun hat sie den Ton erheblich verschärft. Präsident Recep Tayyip Erdoğan kündigte am Dienstag vor der UN-Vollversammlung an, dass Kabinett und Nationaler Sicherheitsrat an diesem Freitag über Sanktionen beraten wollten. Mit Blick auf einen unabhängigen Kurdenstaat stellte Erdoğan klar: "Das kann niemals passieren." Die Türkei befürchtet, dass kurdische Autonomiebestrebungen auch im eigenen Staatsgebiet befeuert werden. Ihr stärkstes Druckmittel sind die Handelsbeziehungen zum Nordirak, unter anderem fließen von dort täglich Hunderttausende Barrel Öl durch die Türkei. Auch militärisch zeigt die Türkei Präsenz. Anfang der Woche startete die Armee ein Manöver nahe der irakischen Grenze - offiziell Teil einer Anti-Terror-Operation, doch der Zeitpunkt legt nahe, dass es sich um eine Drohgebärde Richtung Erbil handelte.

International sind die Kurden mit ihrem Vorhaben weitgehend isoliert. Nicht nur Ankara, Bagdad und Teheran sind dagegen, auch die US-Regierung und die Bundesregierung haben sich gegen das Referendum ausgesprochen. Ihre Sorge ist, dass der Streit um die Abstimmung den Kampf gegen die Extremistenmiliz IS schwächt.

© SZ vom 22.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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