Kompetenzgerangel:Schavan und Steinbrück bieten Stoiber die Stirn

Lesezeit: 1 min

Die künftigen Ressortchefs von Forschung und Finanzen, Annette Schavan (CDU) und Peer Steinbrück (SPD), weigern sich, Kompetenzen abzugeben. Führende CDU-Politiker erwarten nun, dass sich die Parteivorsitzende Angela Merkel in den Streit über den Zuschnitt des künftigen Ministeriums von CSU-Chef Edmund Stoiber einschaltet.

Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) sagte, er rechne damit, dass Merkel mit Stoiber und der designierten Bildungs- und Forschungsministerin Schavan erneut über den Zuschnitt der Ministerien sprechen werde. Stoiber will in sein Wirtschaftsministerium Kompetenzen aus dem Forschungs- und dem Finanzministerium abziehen. Schavan und der designierte Finanzminister Steinbrück lehnen das ab.

Schavan sagte der Süddeutschen Zeitung: "Es geht um die Forschungspolitik der gesamten neuen Bundesregierung. Dafür brauchen wir ein Forschungsministerium mit einem klaren, starken Profil." Für ein solches Profil werde sie kämpfen. Schavan erinnerte daran, dass CDU und CSU "die gesamte Wertschöpfungskette von der Grundlagenforschung bis zur angewandten Forschung stets als Einheit gesehen" hätten. "Deshalb darf man sie jetzt erst recht nicht auseinander reißen", betonte die Politikerin, die als Vertraute Merkels gilt.

Forschungspolitik "aus einem Guss"

Die künftige Forschungsministerin zeigte sich zuversichtlich, dass sie sich mit Stoiber einigen werde: "Das werden wir in guten Gesprächen hinter den Kulissen klären, bei denen es um die Sache geht und nicht um Herrn Stoiber oder Frau Schavan." Auch der künftige Wirtschaftsminister müsse an einer Forschungspolitik "aus einem Guss" interessiert sein. Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sagte, über die Zuständigkeiten in der Forschung sei "noch nicht ganz entschieden". Er nannte es "absolut sinnvoll", dass Stoiber die Kompetenzen für die Europa-Politik aus dem Finanzministerium erhalte.

Der CSU-Chef pocht darauf, dass diese Verlagerung mit Merkel, Kanzler Gerhard Schröder (SPD) und SPD-Chef Franz Müntefering vereinbart worden sei. Steinbrück will indes nicht zulassen, dass seinem Haus jene Teile entzogen werden, die sich Oskar Lafontaine 1998 aus dem Wirtschaftsministerium gesichert hatte.

Der Zuschnitt der Häuser spielte am Freitag auch bei den Gesprächen der Koalitions-Arbeitsgruppe Wirtschaft eine Rolle. Das Thema sei aber nicht vertieft worden, hieß es. Das Treffen, das Stoiber und SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler leiteten, habe in guter Atmosphäre stattgefunden

Nach SZ-Informationen aus Regierungskreisen erwägt Stoiber, auch Teile des Verbraucherschutzministeriums zu übernehmen, das der CSU-Vize Horst Seehofer leiten soll. Im Gespräch ist das Referat Gentechnik, das für Zulassungsfragen gentechnisch veränderter Pflanzen zuständig ist. Damit wäre Stoiber bei den Entscheidungen auf EU-Ebene eingebunden und erhielte weitere Forschungsmittel, hieß es. Auf das ehemalige Ressort von Renate Künast hat offenbar auch Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) ein Auge geworfen. Sie möchte sich einige Zuständigkeiten für Ernährung und Lebensmittel sichern.

(SZ vom 22.10.2005)

© N/A - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: