Kommunalwahl in England:Labour abgestürzt

Lesezeit: 1 min

Platz drei - eine solche Niederlage gab es für die Partei von Tony Blair noch bei keiner Wahl. Die Briten haben dem Premier offenbar die Rechnung für die Beteiligung am Irak-Krieg präsentiert. Bei den Wahlen in England und Wales wurden sie nicht nur von den Konservativen sondern auch von den Liberaldemokraten überholt.

Das ist einer regierenden Partei im Vereinigten Königreich noch nie passiert. Blairs Partei kam bei der Abstimmung vom Donnerstag nach vorläufigen Angaben nur noch auf 26, die Tories auf 38 und die Liberalen auf 30 Prozent.

"Das schlechteste Ergebnis seit Menschengedenken" für Labour, analysierte der britische Sender BBC den großen Test für die Wahl zum Unterhaus, die für das kommende Jahr anvisiert ist.

Liam Fox, Vorstandsmitglied der Konservativen, sprach von einer "Katastrophe" für Blair, und der Daily Mirror titelte: "Blutiger Freitag". Die führenden Köpfe von Labour, allen voran Blair und Innenminister David Blunkett, räumten ein, dass wohl vorrangig der Waffengang im Irak an der Seite der Amerikaner für den Stimmenverlust verantwortlich sei.

Der Premierminister sagte am Rande des G-8-Treffens in den USA, der Irak-Krieg habe einen "Schatten" auf die Wahlen geworfen. Innenminister Blunkett wurde noch deutlicher:

Über den Ausgang der Abstimmung "beschämt"

Er sei über den Ausgang der Abstimmung "beschämt", es gebe eine "Spaltung" der Nation und auch seiner Partei über den Einmarsch im Irak.

"Es war eine schlimme Nacht für uns", sagte der Minister. Allerdings stärkte er seinem Premierminister den Rücken, der sich nun erneut mit einer öffentlichen und parteiinternen Debatte über einen Führungswechsel konfrontiert sehen dürfte.

Danach gefragt, ob sich Blairs Regierungszeit nach dem miserablen Ergebnis nun dem Ende zuneige, sagte er: "Nein, das glaube ich nicht." Und letztlich stimmt es, dass die Konservativen unter ihrer neuen Leitfigur Michael Howard jetzt nicht besser abgeschnitten haben als bei der Kommunalwahl vor vier Jahren.

Freuen kann sich hingegen der Chef der Liberaldemokraten, Charles Kennedy, der die Briten aufgefordert hatte, die Wahl als Volksabstimmung über den Irak-Krieg zu nutzen. Seine Partei hatte sich als einzige immer klar gegen den Waffengang ausgesprochen. Für Kennedy bricht nun nach eigenen Worten die Zeit einer Drei-Parteien-Landschaft in Großbritannien an.

Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 40 Prozent. Die Ergebnisse der Wahlen zum Europäischen Parlament, die in ganz Großbritannien ebenfalls am Donnerstag stattfanden, sollen erst in der Nacht zum Montag bekannt gegeben werden.

Dabei werden der EU-feindlichen Partei "UK Independence Party" Zuwächse vorausgesagt, die bei den Kommunalwahlen keine Rolle spielte. Denn ein großer Teil der Briten steht nicht nur dem Irak-Krieg kritisch gegenüber, sondern ganz besonders auch der Europäischen Union.

© Jörg Berendsmeier - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: