Kommentar zum Libanon-Einsatz:Marschbefehl in eine neue Epoche

Das Attribut "historisch" sollte sparsam verwendet werden. Dennoch wird man sagen dürfen, dass der heutige Tag einen Wendepunkt in der deutschen Nahost-Politik markiert.

Peter Blechschmidt

Erstmals wird eine Bundesregierung beschließen, bewaffnete deutsche Soldaten in den Nahen Osten zu entsenden. Es darf als sicher gelten, dass eine Mehrheit des Bundestags in der nächsten Woche der Regierung dabei folgen wird. Damit ist der Marschbefehl für die Bundeswehr, in diesem Fall hauptsächlich die Marine, unterschrieben.

Die Einzelheiten des Auftrags will die Regierung erst heute den Fraktionsvorsitzenden mitteilen. Wenn die Mission, den Waffenschmuggel für die Hisbollah zu unterbinden, erfolgreich sein soll, müssen dem UN-Marineverband unter deutscher Führung klare Kontrollrechte gewährt werden. Das hat Verteidigungsminister Franz Josef Jung stets gefordert, und es ist zu hoffen und den deutschen Soldaten im Einsatz zu wünschen, dass er sich mit dieser Forderung durchgesetzt hat.

Mandat um jeden Preis

Bei Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte man zeitweise den Eindruck, er wolle ein Mandat für die Bundeswehr um praktisch jeden Preis, um sich als Friedensstifter im Nahen Osten profilieren zu können. Ob tatsächlich jetzt ein Mandat ausgehandelt wurde, das die Balance zwischen dem verständlichen Anspruch der Libanesen auf Wahrung ihrer staatlichen Souveränität und der Notwendigkeit eigenständigen Handelns der UN-Truppe wahrt, muss die Zukunft weisen.

Eines dürfte sicher sein: Auch wenn der Bundestag das Mandat formal befristen wird - voraussichtlich auf ein Jahr -, können sich die Deutschen und ihre Soldaten schon jetzt auf einen lange dauernden Einsatz einstellen.

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