Kommentar zu Schilys Auftritt im BND-Ausschuss:Selbstgerecht wie immer

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Auch der Ex-Innenminister findet kein Wort des Bedauerns für das Unrecht, das Murat Kurnaz zugefügt wurde.

Nico Fried

Es war der Auftritt, den man erwarten durfte. Was Otto Schily, der ehemalige Bundesinnenminister, vor dem Untersuchungsausschuss zum Fall Kurnaz zu sagen hatte, lässt sich auf eine simple Formel bringen: Ich habe zwar von nichts gewusst, aber alles richtig gemacht.

Schily übernahm die Verantwortung für sämtliche Aktivitäten seines Hauses im Umgang mit dem auf Guantanamo einsitzenden türkischen Staatsbürger aus Bremen. Das fiel ihm erstens leicht, weil es für einen Minister a.D. keine politischen Konsequenzen mehr haben kann. Zweitens aber war es völlig überflüssig, denn er trägt die Verantwortung - unabhängig davon, ob er sie übernimmt oder nicht.

Zwei Motive standen für Schily bei seiner Aussage offenbar im Vordergrund. Zum einen war er bemüht, Druck von Außenminister Frank-Walter Steinmeier zu nehmen, der seinerzeit Kanzleramtsminister war. Zum anderen ging es ihm um seinen eigenen Ruf.

Allerlei Bedauern - nur nicht für Kurnaz

Otto Schily war der Innenminister, der für seine Partei über Jahre die rechte Flanke absicherte. Er inszenierte sich in seiner Amtszeit als der Mann, der den vermeintlichen Widerspruch zwischen Sicherheit und Sozialdemokratie aufzulösen vermochte. Law and Order, linksgestrickt, das war etwas Neues für die Republik.

Deshalb beschwerte sich Schily nun auch darüber, dass mit dem Fall Kurnaz die rot-grüne Sicherheitspolitik insgesamt diskreditiert werden solle. Das aber ist der Irrtum, dem alle Führungsleute der alten Regierung erliegen, ob sie Schröder, Fischer, Steinmeier oder Schily heißen.

Natürlich gibt es in der Union einige, die sich heute von Rachegefühlen leiten lassen, gerade weil sie seinerzeit - auch in der Irak-Frage - so vorgeführt wurden. Trotzdem hilft diese künstliche Überhöhung nicht weiter. Das beste Argument für die rot-grüne Politik gegen den Terrorismus bleibt ohnehin deren Bilanz: Die Tatsache, dass Deutschland anders als viele andere Staaten bislang von Anschlägen verschont geblieben ist.

Doch auch wer gute Politik macht, ist vor Fehlern oder Fehleinschätzungen nicht gefeit. Dass Kurnaz vier Jahre unschuldig in Guantanamo saß, bleibt objektiv Unrecht. Eine solche Qual lässt sich auch durch den Anfangsverdacht, Kurnaz sei ein Gefährder gewesen, nicht rechtfertigen. Die erste Verantwortung dafür liegt bei den USA. Wie viel Mitverantwortung die rot-grüne Regierung hat, wird am Ende des Ausschusses in der politischen Debatte zu bewerten sein.

Bedrückend an der Aussage Schilys ist, dass er über dieses objektive Unrecht kein Wort verloren hat. Während seiner Vernehmung hat er allerlei Bedauern geäußert - Bedauern für sich selbst, wegen der Vorwürfe, die ihm und seiner ehemaligen Regierung gemacht werden. Für das Schicksal des Gefangenen auf Guantanamo ist eine solche Äußerung des Ex-Ministers nicht überliefert. Doch selbst die Unerschütterlichkeit eines Otto Schily ändert nichts daran, dass ihm weit weniger Schaden zugefügt wurde als Murat Kurnaz.

© SZ vom 30.3.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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