Kommentar:Rückwärts und vorwärts zugleich

Also wieder nichts. Trotz aller Bemühungen schafft es die Bundesregierung nicht, die Lohnnebenkosten stabil zu halten.

Von Andreas Hoffmann

(SZ vom 18. Oktober 2003) Der Rentenbeitrag wird Anfang Januar vermutlich steigen, darauf wird sich der Kanzler mit seinem Kabinett in der Sonntagsklausur verständigen. Der Grund dafür ist das riesige Defizit in der Rentenkasse; die Lücke von acht Milliarden Euro lässt sich kaum einsparen, trotz mancher Tricks, die Ulla Schmidts Ministerialbeamte ausgetüftelt haben.

Eine verheerende Botschaft für die Sozialministerin, verliert sie doch die letzten Reste an Glaubwürdigkeit. Im vergangenen Jahr hatte sie noch tapfer versprochen, bis 2006 steige der Rentenbeitrag nicht weiter an. Aus und vorbei. Die Worte der Vergangenheit gelten nicht mehr.

Kanzler hält sein Versprechen nicht

Sicherlich, wenn die Konjunktur lahmt, kann auch die beste Sozialpolitik wenig ausrichten. Mehr Arbeitslose bedeuten weniger Geld für die Rentenkassen, weil weniger Beiträge fließen. Dazu hat ein leichter Anstieg von 19,5 auf 19,7 oder 19,8 Prozent zwar wenig reale Folgen für die Unternehmen. Die Lohnnebenkosten, und damit die Lasten für die Firmen, steigen kaum, der Rentenbeitrag macht nur einen geringen Teil der Gesamtkosten eines Betriebes aus.

Wirtschaftspolitik ist aber vor allem Psychologie, und die Botschaft des höheren Beitrags ist: Der Kanzler hält seine Versprechen nicht. Er bringt zwar vieles auf den Weg, doch die Lohnnebenkosten bleiben hoch. Selbst die bescheidenen Wirkungen der Gesundheitsreform verpuffen, denn es nützt wenig, wenn die Krankenkassen marginal ihre Sätze senken, umgekehrt der Rentenbeitrag aber zulegt. Die Koalition fährt so wieder einmal rückwärts und vorwärts zugleich - und bleibt nur auf der Stelle.

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