Kommentar:Nerven blank

Der Kanzler ist auf Peter Clever sauer. Dabei hat der Mann, der für die Arbeitgeber im Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit sitzt, nur eine Selbstverständlichkeit ausgesprochen.

bov

Die Arbeitsagenturen, die vom 1. Januar an das neue Arbeitslosengeld II auszahlen sollen, seien damit überfrachtet und überlastet, hat Clever gesagt.

Jeder Betroffene, der derzeit an der Tür seiner Arbeitsagentur den Zettel findet "wegen Eingabe der Hartz-Anträge geschlossen", weiß das. Auch dass die Vermittlung von Arbeitslosen wegen des Mammutprojekts Hartz IV derzeit stockt, ist bekannt.

Es ist deshalb unverschämt und zugleich ziemlich durchsichtig, wenn SPD-Chef Franz Müntefering den Rückzug Clevers von der Spitze der Bundesagentur fordert und der Bundeskanzler und sein Wirtschaftsminister sekundieren.

Die Verantwortlichen in der Regierung wissen ganz genau, unter welchem enormen Zeitdruck das Projekt Hartz IV steht. Ob es klappt, alle Anträge rechtzeitig zu bearbeiten und das Geld pünktlich auszuzahlen - niemand kann das derzeit mit Sicherheit sagen.

Schwarze-Peter-Suche

Die Bundesagentur für Arbeit hat auf die Risiken oft genug hingewiesen. Weil die Regierung aber einen Erfolg am Arbeitsmarkt braucht, wurde Hartz IV in großer Zeitnot und gegen viele Widerstände durchgedrückt.

Nun, kurz vor dem hektisch vorbereiteten Start, macht sich Angst bei den Beteiligten breit. Denn während die positiven Folgen der Reform erst allmählich wirken können, drohen Chaos und neue Proteste bereits im Januar.

Dann wird auch die Schwarze-Peter-Suche nach dem Schuldigen erst wirklich beginnen. Der Schlagabtausch, den sich der Kanzler und seine Getreuen mit Peter Clever liefern, ist nur ein Vorbote davon.

© SZ vom 02.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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