Kommentar:Koalition mit Sollbruchstelle

Nun haben es die Hamburger Rathaus-Koalitionäre noch einmal geschafft. Die Bürgerschaft hat den Kandidaten für die Nachfolge des geschassten Innensenators Ronald Schill gebilligt. Die Senatskrise ist also nach zwei Wochen der Mutmaßungen und Unkereien beendet - die Malaise der Hamburger Regierung ist es aber nicht.

Von Reymer Klüver

(SZ vom 04.09.2003) - Das hat mindestens drei Gründe. Erstens wird der zur politischen Unperson degradierte Schill keine Ruhe geben, das liegt an seinem Wesen. Schill - immerhin ist er noch Landesvorsitzender der nach ihm benannten Partei - hat weiterhin das Zeug, die Koalition zu desavouieren. Zweitens hat die Begeisterung innerhalb der CDU über die so genannte Bürger-Koalition mit den Schillianern und der FDP als Gegenmodell zu Rot-Grün erheblich nachgelassen.

Nur der Zählappell hat die Reihen noch einmal schließen können. Ein irrlichternder Schill wird allemal als Störfaktor gesehen, aber auch ohne ihn werden in der CDU längst Machtfragen über den regulären Wahltermin im Herbst 2005 hinaus gestellt.

Wer wird Spitzenkandidat der SPD?

Und da wird drittens genau beobachtet, ob die SPD jetzt tatsächlich schnell den einstigen Wirtschaftssenator Thomas Mirow zum Spitzenkandidaten kürt. Mit einem Mann, der als Pragmatiker und kühler Kopf gilt, wäre eine große Koalition denkbar.

Zum jetzigen Zeitpunkt, da die SPD bundesweit im Tief steckt und Bürgermeister Ole von Beust Höhenflüge auf der Sympathieskala vollbringt, könnte die Union eine große Koalition unter ihrer Führung schaffen - eine Machtperspektive für mindestens vier Jahre. Diese Überlegung dürfte sehr schnell zum Treibsatz der Koalition werden - wen immer sie jetzt zum Innensenator gemacht hat.

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