Kommentar:Geschenk aus China

Peking hat den Nuklear-Deal platzen lassen und damit den Grünen einen Gefallen getan. Den eine Exportgenehmigung hätte unweigerlich zu einem Sonderparteitag und zum Ende der Koalition geführt.

Von Reymer Klüver

Chinas politische Führung hat nun etwas gut beim Kanzler. Noch zieren sich zwar die Beteiligten, den Vollzug zu bestätigen. Aber die Sache dürfte klar sein: Die Plutonium-Fabrik von Hanau wird nicht nach China exportiert. Ganz still soll eine Angelegenheit bereinigt werden, die das Zeug hatte, die rot-grüne Koalition in Berlin zu sprengen. Die Chinesen haben offensichtlich erkannt, dass ein innenpolitischer Streit in Deutschland von solcher Tragweite ihre Atompläne auch nicht befördert hätte.

Dieser Streit herrschte auf zwei Ebenen. Es wurde - wie immer - die Machtfrage gestellt. Was gilt mehr: das Wort des Kanzlers oder das Gezeter des kleinen Koalitionspartners? Doch darum ging es nur vordergründig. Es ging vielmehr um die Glaubwürdigkeit der Grünen. Und das machte den Streit so gefährlich für das Bündnis, weil er deren Basis mobilisierte.

Blanker Pragmatismus

Eine Öko-Partei, die zu Hause den Atomausstieg durchgesetzt hat, kann nicht gleichzeitig zur Proliferation der Technik beitragen, die sie im Inland gerade abmontiert. Eine Export-Genehmigung hätte unweigerlich zu einem Sonderparteitag der Grünen und wahrscheinlich zum Ende der Koalition geführt. Insofern hat Glaubwürdigkeit die Oberhand bewahrt.

Zugleich aber hat sich blanker Pragmatismus durchgesetzt. Und das macht die ganze Angelegenheit einfach fragwürdig. Denn die Spitzenleute bei den Grünen hatten zunächst gar nicht erkannt, wie tiefgreifend die Sache ihre Partei aufwühlte. Doch sie reagierten: Der grüne Außenminister überzeugte den Kanzler, gemeinsam beschlossen sie, das Thema auszusitzen - in der Hoffnung, dass einer der Beteiligten die Lust verliert. Jetzt tun die Chinesen ihnen den Gefallen.

© SZ vom 28.4.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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