Kommentar:General Mundtot

Lesezeit: 2 min

Laurenz Meyer kann der CDU nicht mehr dienen, weil er gegen Gebote verstieß, die er selbst vertrat.

Von Susanne Höll

Der Generalsekretär einer Partei hat zahlreiche Aufgaben. Seine wichtigste ist es, seiner Partei zu nutzen. Kann er das nicht oder nicht mehr, muss er abtreten oder abgelöst werden. Laurenz Meyer kennt diesen Grundsatz.

Schließlich kam er in sein Amt, weil sein Vorgänger Ruprecht Polenz der CDU nicht dienlich sein konnte und zurücktrat, aus überaus ehrenwerten Gründen übrigens. Meyer, der sich in den vergangenen vier Jahren durchaus um die Partei verdient gemacht hat, kann ihr jetzt nicht mehr dienlich sein. Denn er ist ein gefesselter Mann, ein General Mundtot.

Rindersteak statt Butterbrot

Nicht, weil Meyer gegen Recht und Gesetz verstoßen hätte. Verstoßen hat er aber gegen zwei simple Grundsätze. Als Politiker empfahl er den Bürgern Maßhalten, langte persönlich aber kräftig zu. Er predigte Butterbrot, aß daheim aber Rindersteak. Und er versuchte, diese Tatsache zu kaschieren, vor der Öffentlichkeit und auch vor den eigenen Leuten.

Es war Meyer, der die Werte- und Patriotismus-Debatte für die CDU in diesem Jahr wiederentdeckt und lautstark geführt hat. Es war Meyer, der deutschen Unternehmern die Vaterlandsliebe absprach, wenn sie aus Kostengründen Arbeitsplätze ins Ausland verlagerten. Jetzt darf, nein, man muss sich fragen: Ist es patriotisch, wenn ein wohlbestallter Politiker ein Dreifach-Einkommen bezieht?

"Wir können es besser" - abkassieren

An der Wertedebatte, mit der die CDU ihre Reformkonzepte auf dem Weg zur Bundestagswahl 2006 erklärtermaßen unterfüttern will, kann sich Meyer nun nicht mehr beteiligen, im anstehenden Wahlkampf in Schleswig-Holstein nicht und in seiner Heimat Nordrhein-Westfalen auch nicht. Man kann sich vorstellen, was ein Hartz-Vier-Empfänger aus Dortmund von einem Generalsekretär hält, der Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit in der Politik verlangt, diesen tugendhaften Anspruch selbst aber nicht erfüllen kann oder mag.

Wenn man die Vorsitzende Angela Merkel recht versteht, will die CDU 2006 mit dem Slogan "Wir können es besser" zurück an die Macht im Bund. Bei einem Generalsekretär Meyer würden die Leute sagen: Stimmt - besser abkassieren. Für Meyer sollte eigentlich der Maßstab gelten, den die Partei und die Parteiführung an den einstigen CDA-Vorsitzenden Hermann-Josef Arentz angelegt hatte, auch wenn beide Fälle nicht identisch sind. Arentz, der inzwischen alle Ämter und Mandate verlor, kassierte lange fürs Nichtstun, Meyer kürzere Zeit und offenbar für Gegenleistungen. Beide aber haben versucht, ihre Einkünfte zu verheimlichen.

Hätte Meyer schnell gehandelt, alle Dinge auf den Tisch gelegt, wäre es jetzt besser um ihn bestellt. Um Merkel übrigens auch. Sie muss sich entscheiden, ob sie jetzt den Mut zum Wechsel findet und den Hohn der politischen Konkurrenz über einen weiteren "Missgriff" ertragen kann. Oder ob sie an ihrem zweiten Generalsekretär festhält und riskiert, dass auch das nächste Jahr ein verlorenes Jahr für ihre Partei wird.

© SZ vom 20.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: