Kommentar:Enttäuschendes Erbe

Der Tod des ehemaligen jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic ist nicht das einzige Problem bei der Aufarbeitung seiner dunklen Vergangenheit.

Bernhard Küppers

Nach allem Unheil, das Slobodan Milosevic angerichtet hat, gibt auch der Tod des früheren Belgrader Machthabers keinen Frieden. Zu bedauern ist vor allem, dass der Hauptverursacher der jugoslawischen Zerfallskriege starb, bevor das Haager Tribunal für Kriegsverbrechen ein Urteil fällen konnte.

Diese Woche muss nun Serbien erst einmal das Begräbnis des trotz aller Taten nicht vorbestraften Ex-Präsidenten ohne Schaden hinter sich bringen. Die politischen Todesfolgen sind schwer zu kalkulieren. Im ungünstigsten Fall könnten Milosevics Sozialisten und die serbischen Radikalen profitieren, wenn Begräbnis und politische Eruption im Niedergang der Regierung Kostunicas und in einen Sieg der Gestrigen bei Neuwahlen mündete.

Schwierigkeiten auch mit anderen mutmaßlichen Kriegsverbrechern

Aus den Reihen der zerstrittenen Sozialisten wurde bereits gedroht, dass sie der Minderheitsregierung die Unterstützung im Parlament entziehen könnten, sollte ein Staatsbegräbnis verweigert werden. Nach der noch ungeklärten medikamentösen Vorgeschichte von Milosevics Herzinfarkt könnte auch die Ergreifung und Auslieferung des Ex-Armeechefs der bosnischen Serben, Ratko Mladic, an das Tribunal scheitern.

Die Transaktion schien fast schon sicher zu sein, nachdem die EU gedroht hatte, die Assoziierungsverhandlungen mit Belgrad abzubrechen. Überhaupt wird eine vernünftige Aufarbeitung der Vergangenheit immer schwerer:

Nicht nur müssen sich die Opfer der Milosevic-Politik in Kroatien, Bosnien und im Kosovo damit abfinden, dass ihnen keine Genugtuung mit Hilfe eines gerichtlichen Urteils zuteil wird. Vielmehr zeigt sich nun auch, wie wenig Serbien mit sich und seiner Vergangenheit unter Milosevic im Reinen ist.

© SZ vom 14.3.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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