Kommentar:Der Widersinn des Terrors

Die Intifada verliert ihre Glaubwürdigkeit. Fast zeitgleich mit einem diplomatischen Lichtblick, dem Gefangenenaustausch, bringen sich die Palästinenser durch einen Anschlag in Miskredit. In Nahost herrscht, wieder einmal, Eiszeit.

Von Thorsten Schmitz

(SZ vom 30.1.2004) Der Selbstmord-Anschlag in Jerusalem zeigt, wie sinnlos die Intifada der palästinensischen Terrorgruppen ist. Sie geben vor, für ein Ende der Besatzung zu kämpfen, für einen eigenen Staat, und auch für die Freilassung aller 6000 palästinensischen Gefangenen.

Und just in jenem Moment, in dem Israel 430 palästinensische und arabische Gefangene aus seinen Haftanstalten entlässt, sprengt sich ein Palästinenser in die Luft und reißt zehn Israelis mit in den Tod.

Absurde Interpretationsversuche

Jene, die darin einen Sinn sehen wollen, werden den Einmarsch der israelischen Armee in den Süden des Gaza-Streifens zur Begründung heranziehen, bei dem am Mittwoch acht Palästinenser getötet wurden.

Ein israelischer Radio-Kommentator erklärte, der Anschlag sei erfolgt, weil die Palästinenser der Hisbollah vorwerfen, die Terrorgruppe stehle den Palästinensern durch den Gefangenenaustausch die Show - ein hilfloser und absurder Interpretationsversuch.

Ein Beweis für die Schwäche Kureis

Tatsächlich beweist der Anschlag, wie schwach es um den palästinensischen Ministerpräsidenten Achmed Kurei bestellt ist. Seit Oktober ist er im Amt -und seitdem zeichnet er sich durch Schweigen und Nichtstun aus. Seine Gespräche mit Hamas und Islamischem Dschihad über eine Waffenruhe sind erfolglos beendet worden.

Auch traut er sich nicht, terroristische Gruppen zu entwaffnen, geschweige denn gegen Palästinenser-Präsident Jassir Arafats Autokratie aufzubegehren. Die mit Unfähigkeit gepaarte Untätigkeit nutzt Israel, um den Bau seines Sperrzauns voranzutreiben.

Die USA sind mit sich selbst und den Vorwahlen beschäftigt, so dass Präsident George W. Bush seinen Friedensfahrplan gar nicht mehr auf der Agenda hat. In Nahost herrscht, wieder einmal, Eiszeit.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: