Kommentar:Der Flirt der Elefanten

Natürlich hat CSU-Chef Edmund Stoiber bei der Klausurtagung in Kloster Banz nicht offen eine große Koalition gefordert. Stoiber ist schließlich nicht erst seit gestern in der Politik, er weiß also sehr genau, was Spekulationen zur Unzeit anrichten können. Aber genauso klar ist auch: Abwegig ist die Sache keineswegs.

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Es sprechen durchaus gewichtige Gründe dafür, sich eine Elefantenhochzeit der beiden Großen offen zu halten.

Da ist zum einen die objektive Lage. Den CSU-Abgeordneten ist in Banz schmerzhaft bewusst geworden, dass sie im Grunde auch keine Rezepte haben, um die enormen Probleme, vor denen die jetzige Regierung steht, schnell zu lösen.

Stoiber und Müntefering "können" miteinander

Einer unionsgeführten Regierung würde damit das gleiche Schicksal drohen wie Rot-Grün: vom Wähler für eine unpopuläre Politik gnadenlos abgestraft zu werden.

Die erwartete schöne Doppelmehrheit in Bundestag und Bundesrat wäre dann schnell dahin, und dann hieße es: Nichts geht mehr - was der Wähler aber ebenfalls bestraft. Hinzu kommt das wachsende Unbehagen über die schwächelnde FDP.

Nicht nur, dass eine ganze Reihe von liberalen Positionen für die CSU eine Provokation sind. Vor allem FDP-Chef Guido Westerwelle wird als enormer Risikofaktor eingeschätzt, er gilt in der CSU weithin als Leichtmatrose, auf den in schwerer See kein Verlass ist.

Und dann gibt es auch noch den persönlichen Faktor, den man in der Politik nie unterschätzen sollte. Stoiber und SPD-Chef Franz Müntefering haben ganz offenkundig Gefallen aneinander gefunden, sie "können" miteinander, wie sich in der Föderalismus-Kommission zeigt. Und Politik wird nun einmal von Menschen gemacht.

© SZ vom 17.7.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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