Kommentar:Adieu, Alain Juppé

Es hätte schlimmer kommen können, mag sich der Angeklagte nach dem Antrag des Staatsanwalts gedacht haben, und dann kam es schlimmer.

Von Gerd Kröncke

Achtzehn Monate Gefängnis mit Bewährung, das bedeutet die Unwählbarkeit für Alain Juppé, den starken Mann der Präsidentenpartei UMP. Obwohl er in die Berufung geht, dürfte mit dem Urteil seine glänzende Laufbahn zu Ende sein. Der Mann, der Nachfolger Jacques Chiracs werden wollte, muss nun Abschied nehmen von allen Ambitionen.

Dabei hat Juppé in dieser Parteispendenaffäre auch den Kopf hingehalten für seinen Präsidenten. Denn Chirac ist zwar immun, aber auch er dürfte von den Tricksereien im Pariser Hôtel de Ville gewusst haben. Und wenn er einmal nicht mehr Präsident ist, könnte ihn diese Affäre theoretisch noch einholen.

Das Urteil wird die französische Politik verändern

Die Folgen des Urteils werden die französische Politik verändern. Schon seit längerem sieht Chirac in seinem eigenen Innenminister eine Konkurrenz heranwachsen, der ehrgeizige Nicolas Sarkozy ist zum Rivalen geworden. Juppé galt als der Mann, der den Emporkömmling noch am ehesten hätte stoppen können. Nun will Sarkozy sein Nachfolger als Parteichef werden, mit Blick auf den Elysée.

Es war Juppé selbst, der seinen endgültigen Abschied von der Politik für den nun eingetretenen Fall angekündigt hatte. Der Mehrheitspartei steht eine schwere Krise bevor. In zwei Monaten werden die Regionalparlamente gewählt, eine deutliche Niederlage würde auch Chirac schaden.

Juppé muss sich mit 58 Jahren einen neuen Job suchen. Er war, wie ihn Chirac einmal vor Parteifreunden lobte, "der Beste von uns allen". Nun kann er nicht einmal mehr Bürgermeister der schönen Stadt Bordeaux bleiben.

(SZ vom 31.01.2004)

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