"Kommando Mowsar Barajew":Islamisten drohen Frankreich mit Attentaten

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In einem Brief hat eine bislang unbekannte Extremistengruppe das Gesetz gegen das Tragen von Kopftüchern an Schulen als "Kriegserklärung an die islamische Welt" bezeichnet und mit Anschlägen gedroht. Die Behörden nehmen die Warnung ernst.

In den bei den Tageszeitungen Le Parisien und Le Monde eingegangenen Briefen, die an Premierminister Jean-Pierre Raffarin gerichtet waren, bezeichnet sich die Gruppe als "Kommando" mit dem Namen des tschetschenischen Rebellenführers Mowsar Barajew.

Mowsar Barajew war der Anführer des Tschetschenenkommandos, das im Oktober 2002 in einem Moskauer Theater 1000 Geiseln genommen hatte. Der 25-Jährige wurde bei der Geiselbefreiung getötet. Die französischen Behörden sind bereits gegen eine radikalmuslimische "Tschetschenien-Verbindung" vorgegangen, die Giftanschläge in Frankreich geplant haben soll.

Die Gruppe habe sich "im Namen der Diener Allahs des Allmächtigen und Weisen" an die "Diener der französischen Republik" gewandt, so das Justizministerium. Die Autoren hätten mit Anschlägen "wegen der Verabschiedung des Gesetzes am 10. Februar gegen das Tragen des Kopftuches an Schulen" gedroht.

Geplantes Kopftuchverbot als Grund genannt

Wie der Redaktionschef des Parisien, Christian de Villeneuve, sagte, wird darin ausdrücklich auf das Kopftuch-Gesetz Bezug genommen. Das Verbot von Kopftüchern und anderen auffälligen religiösen Symbolen wie großen Kreuzen oder jüdischen Kippas war am 10. Februar 2004 von der Nationalversammlung und am 3. März auch vom Senat verabschiedet worden. Es soll im kommenden Schuljahr an den öffentlichen Bildungseinrichtungen in Frankreich in Kraft treten.

Die Zeitungen betonten, dass nicht sie, sondern die Behörden den Eingang des Briefes publik gemacht hätten. Das Pariser Innenministerium berief die Chefs der Polizeibehörden und der Geheimdienste zu einer Dringlichkeitssitzung ein. Innenminister Nicolas Sarkozy sagte, die Bedrohung werde ernst genommen und geprüft.

Das Pariser Innenministerium versprach, die Franzosen umgehend über weitere Erkenntnisse zu informieren. Die Gruppe sei unter dem Namen nicht bekannt, sie habe weder einen Stempel noch ein Koran-Zitat genutzt. Als einzigen zusätzlichen Text enthalte das Schreiben die erste Seite einer Koran-Ausgabe.

Frankreich hatte in den vergangenen Tagen bereits Alarmstufe rot auf Bahnhöfen und Flugplätzen eingeführt. Alleine am Montag waren auf den 1233 französischen Bahnhöfen rund 12.000 Personen kontrolliert worden.

Chirac: "Alle Demokratien sind gefährdet"

Staatschef Jacques Chirac hatte erst am Dienstagnachmittag am Rande eines Treffens mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in Paris gesagt, Frankreich sei "derzeit nicht besonders im Visier", aber "wie alle Demokratien nicht sicher vor Terroranschlägen".

Die Europäer müssten die internationale Zusammenarbeit von Geheimdiensten, Polizei- und Justizbehörden stärken. Terrorismusbekämpfung soll im Mittelpunkt des EU-Gipfels am 25. und 26. März in Brüssel stehen. Raffarin berief für Donnerstag Spitzenvertreter der beiden französischen Parlamentskammern ein, um sie über die aktuelle Sicherheitslage zu informieren.

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