Kohls Stasi-Akten freigegeben:Viel Lärm um wenig

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Mehr als 1000 Seiten umfassen die nun freigegebenen Stasi-Unterlagen über Alt-Kanzler Kohl. Marianne Birthler warnt vor übertriebenen Erwartungen. Allerdings könnten die Akten Aufschluss über die Arbeitsweise der Stasi geben.

Das Stasi hat jahrzehntelang Material über Alt-Kanzler Helmut Kohl (CDU) gesammelt und mehrere tausend Blätter archiviert. Das geht aus den Akten über Kohl (74) hervor, die von der Behörde für die Stasi-Unterlagen am Donnerstag nach jahrelangem Rechtsstreit herausgegeben wurden.

Hat der Freigabe seiner Stasi-Akten überraschend doch noch zugestimmt: Helmut Kohl (Foto: Foto: AP)

Behördenchefin Marianne Birthler sagte in Berlin, die Akten gäben vor allem Aufschluss über die Arbeitsweise des Ministeriums für Staatssicherheit. Sensationen über Kohl sind in dem der dpa vorliegenden Archivmaterial nicht erkennbar. Informationen über die CDU-Spendenaffäre gibt es nicht. Hinweise mit persönlichen Bezügen sind geschwärzt.

Die herausgegebenen Akten umfassen zwei Ordner mit mehr als 1000 Seiten. Kohl hatte seine Einwände gegen eine Veröffentlichung zurückgezogen, nachdem er sich über Jahre juristisch dagegen gewehrt hatte. Die jetzt veröffentlichten Papiere wurde dem Alt-Kanzler im Januar dieses Jahres zur Einsicht übergeben. Kohls Anwälte gaben am Mittwoch ihr Einverständnis für die Veröffentlichung.

Birthler: Keine Details über Kohl

Birthler nannte es bemerkenswert, wie sich die Stasi für Bundespolitiker interessiert habe. Auf die Frage nach aus den Papieren möglicherweise erkennbaren strafbaren Handlungen sagte sie: "Wenn wir so etwas gefunden hätten, würde ich es nicht sagen." Bestandteil der Papiere sind nach einer ersten Durchsicht beispielsweise eine Regierungserklärung, die Kohl 1983 wohl unmittelbar nach der Übernahme des Kanzleramts im Bundestag abgegeben hatte.

"Es gibt deutlich mehr erschlossenes Material, als das, was jetzt heraus geht", betone Birthler. Für jene, die Einzelheiten über die CDU und des früheren Kanzlers erfahren wollten, seien die Akten eher enttäuschend.

Als so genannte Verschlusssache des DDR-Ministerrats wurde beispielsweise eine Reise Kohls als rheinland-pfälzischer Ministerpräsident 1979 nach Leipzig und Dresden behandelt. Die Namen der Mitglieder seiner damaligen Delegation sind unkenntlich gemacht.

Kohl zog Bedenken zurück

In den Unterlagen befinden sich auch zahlreiche Zeitungsausschnitte über Kohl und seine Politik, die auf Nachrichten der einstigen DDR-Agentur ADN zurückgehen. Mit der Sammlung von Kohl-Material waren mehrere Abteilung der Stasi betraut.

Anträge auf Akteneinsicht hatten insgesamt neun Personen gestellt, darunter sieben Journalisten. Weitere Anträge auch zu anderen Komplexen lägen vor, sagte ein Behördensprecher.

Nach jahrelangem Rechtsstreit werden an diesem Donnerstag erstmals Stasi-Unterlagen über Helmut Kohl (CDU) herausgegeben. Der Altkanzler hatte zunächst Bedenken gegen eine Herausgabe geltend gemacht, die er nach Angaben der Behörde nun überraschend zurückgezogen hat.

Die in den vergangenen Monaten zusammengestellten Unterlagen seien Kohl zu Beginn des Jahres - wie gesetzlich vorgeschrieben - zur Einsicht vorgelegt worden. Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Juni 2004 die Herausgabe von Teilen der Kohl-Akten erlaubt, aber stark eingeschränkt.

Aus dem Büro Kohl wurde daran erinnert, dass die Unterlagen vor allem dann grundsätzlich geschützt sind, wenn Persönlichkeitsrechte betroffen sind. Der Schutz gelte besonders dann, wenn die Erkenntnisse durch geheimdienstliche Maßnahmen gewonnen wurden.

© sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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