Koalitionsvertrag:SPD-Fraktion hält an Koalition fest

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Bei den Sozialdemokraten regt sich Widerstand gegen die Absichten der designierten Doppelspitze. Sie möchte mit dem Bündnis brechen, sofern der gemeinsame Vertrag nicht nachverhandelt wird.

Von Mike Szymanski, Berlin

In der SPD wächst der Druck auf die designierten Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, die Arbeit in der großen Koalition fortzusetzen. Nachdem sich am Samstag im Mitgliedervotum zur neuen Parteispitze die zwei Kritiker des Regierungsbündnisses durchgesetzt haben, melden sich immer mehr führende Sozialdemokraten zu Wort, die für den Fortbestand des Bündnisses eintreten und vor einem Bruch warnen.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil erklärte im Handelsblatt, er wage zu bezweifeln, ob ein Ausstieg "für das Land und für die SPD gut wäre". SPD-Fraktionsvize Achim Post sagte der Süddeutschen Zeitung: Die "übergroße Mehrheit" der Abgeordneten und die Regierungsmitglieder der SPD wollten in der Koalition weitermachen. Projekte der SPD wie etwa die Grundrente für Geringverdiener und die Verantwortung Deutschlands für Europa seien "alles in allem gute Argumente", die Arbeit fortzuführen. SPD-Haushaltspolitiker Johannes Kahrs, Chef des konservativen Seeheimer Kreises, warnte, Erfolge wie die Grundrente jetzt zu gefährden.

In der SPD sorgen sich viele, Esken und Walter-Borjans könnten die Partei aus der Regierung herausführen. Beide wollen den Koalitionsvertrag nachverhandeln. Sie wollen, dass sich die Positionen der SPD künftig deutlicher im Regierungshandeln abbilden. Geht es nach ihnen, dann sollen das Klimapaket verschärft, ein Milliarden Euro schweres Investitionsprogramm für die öffentliche Infrastruktur aufgelegt und die Lage auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden. Der Mindestlohn etwa soll auf zwölf Euro steigen. Im Wahlkampf hatte Saskia Esken Nachverhandlungen noch zur Bedingung für die Fortsetzung erklärt.

In der Partei ist man uneins, ob dies der richtige Weg ist, um aus der Krise herauszufinden. Während Achim Post es für "legitim und sinnvoll" erachtet, mit der Union über neue Vorhaben zu sprechen, kommt Widerspruch aus Hannover. Der SPD-Politiker Weil sagte: "Mir geht es vor allem darum, den Vertrag zu realisieren." Bei der Energie- und Klimapolitik etwa sei der größte Teil noch umzusetzen. "Dafür brauche ich keine Nachverhandlungen, sondern Handlungen." Weil warnte die designierten Vorsitzenden zudem davor, einseitig auf soziale Themen zu setzen. "Die SPD hat keinen Nachholbedarf in sozialpolitischer Hinsicht. Wir müssen uns aber deutlich stärker mit dem Thema Arbeit beschäftigen, der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen."

Die kommissarische Parteivorsitzende Malu Dreyer war am Montag bemüht, die Lage in der SPD zu beruhigen. "Ich glaube, wir sollten etwas runterkochen und wir sollten einfach zur Kenntnis nehmen, die Partei hat eine neue Führung gewählt, das ist der Punkt."

Beim Koalitionspartner CDU will man abwarten, zu welchen Entscheidungen die SPD auf ihrem Parteitag kommt, der am Freitag in Berlin beginnt. Grundsätzlich sind CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Bundeskanzlerin Angela Merkel bereit, mit der SPD auch über neue Vorhaben zu sprechen. Eine Neuverhandlung des Koalitionsvertrages lehnten beide allerdings ab.

© SZ vom 03.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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