Koalitionskrach:Beschimpfungs-Tiraden zwischen Union und SPD

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Je größer der Zoff, desto kreativer die Wortspiele: Mit deutlicher Kritik hat CDU-Generalsekretär Pofalla auf die Vorwürfe von SPD-Chef Beck an die Adresse der Union reagiert. Dieser entwickle sich "immer mehr zum Mecker-Beck".

Der Ton in der Großen Koalition verschärft sich: Nach den Angriffen von SPD-Chef Kurt Beck auf den Koalitionspartner bläst CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla zur Attacke auf den SPD-Chef. "Beck entwickelt sich immer mehr zum Mecker-Beck", sagte Pofalla am Montag in Mannheim.

Zuvor hatte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil den Christsozialen eine Blockade bei der Koalitionsarbeit vorgeworfen: "Die Krise der CSU darf uns nicht aufhalten", mahnte er. Es könne nicht sein, dass das Regierungsbündnis nur noch die Kraft habe, sich wechselseitig zu blockieren. Gleichzeitig zeigte sich Heil aber überzeugt, dass das Bündnis aus Union und SPD bis 2009 halten werde.

Mit deutlicher Kritik meldete sich auch SPD-Präsidiumsmitglied Andrea Nahles zu Wort. Nahles warnte die Union vor einer Blockade beim Thema Mindestlohn. Hier bedürfe es dringend einer Entscheidung in der Sache, sagte sie der Frankfurter Rundschau. "Da muss in einer Großen Koalition jede Partei einmal über ihren Schatten springen."

Stimmungskiller Nummer eins: Der Mindestlohn-Streit

Die Ausweitung des Entsendegesetzes auf weitere Branchen bezeichnete sie als absolutes Minimum. Die Entscheidung dazu müsse im Einzelfall die Bundesregierung treffen, die Arbeitgeber dürften hier kein Vetorecht erhalten. "Wenn es nun aber nicht mehr möglich ist, in der Sache zu entscheiden, dann ist eine Koalition an einem schwierigen Punkt angekommen", so Nahles weiter.

Stimmungskiller Nummer eins in der Koalition ist zurzeit der von Nahles monierte Streit über die Einführung von Mindestlöhnen. Hier verweigert sich die Union beharrlich der Forderung von Gewerkschaften und SPD nach einer gesetzlichen Lohnuntergrenze. Dass der Koalitionsausschuss am 18. Juni dazu endlich eine Lösung präsentiert, glaubt fast niemand mehr. Ärger gibt es aktuell auch beim Gerangel um die Pflegereform, den Vorsitz der Steinkohle-Stiftung und die Liberalisierung des deutschen Postmarkts, den die SPD am liebsten verschieben würde.

Der Frust war am Wochenende zuerst bei SPD-Chef Kurt Beck durchgebrochen, der während des G-8-Gipfels im fernen Ruanda weilte. Zunächst bekrittelte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident die von Merkel erzielten Gipfelkompromisse von Heiligendamm als zu mager und geißelte dann auch noch in einer persönlich für die FAZ verfassten Schmähschrift den angeblich neoliberalen Kurs der Union.

Ungeliebte "Vernunftehe"

CDU und CSU wollten einen Schrumpfstaat, der dem brutalen Markt Platz machen soll, ätzte er in Richtung Koalitionspartner. "Würde die Union sich selbst beim Wort nehmen, müsste sie konsequenterweise auch weniger Bildung, weniger Investitionen und weniger Rechtssicherheit fordern."

Beck hat als potentieller Kanzlerkandidat das Problem, dass er im Schatten der hell strahlenden Merkel in Umfragen derzeit auf einen neuen Tiefstand abgerutscht ist. Ähnlich ergeht es seit Wochen seiner Partei. Die SPD lag vergangenen Woche mit 31 Prozent bei der Sonntagsfrage unverändert sechs Prozentpunkte hinter der Union.

Auch viele Unionspolitiker würden die nach der Bundestagswahl 2005 erzwungene "Vernunftehe" mit der SPD am liebsten scheiden lassen und stattdessen eine Liaison mit dem Lieblingspartner FDP beginnen. Dafür stünde der machtverliebte Parteichef Guido Westerwelle parat - auch wenn es für Schwarz-Gelb zurzeit keine Mehrheit gibt.

Die Analyse Becks, die Union sei neoliberal und setze zu einseitig auf die Kräfte des Marktes, mag der FDP-Chef im Übrigen ganz und gar nicht teilen. Nach seinem Eindruck fallen CDU und CSU derzeit als "freiheitliches Gegengewicht" zum Linksblock SPD/Grüne/Linkspartei aus.

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