Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beurteilt die Erfolgsaussichten beim Treffen der Koalitionsspitzen am Abend mit großer Zurückhaltung. "Eine Garantie, dass es eine Verständigung geben wird, gibt es nicht", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg in Berlin.
Mit Blick auf die Streitthemen Post-Mindestlohn, verlängerte Zahlung des Arbeitslosengeldes I an Ältere und Teilprivatisierung der Bahn erwarte er, dass "in der Sache sehr hart" gerungen werden müsse. Beide Seiten hätten zwar ihre Bereitschaft zur konstruktiven Diskussion und zum Kompromiss bekundet. Dennoch bleibt nach den Worten Stegs abzuwarten, "ob es möglich sein wird, sich heute Abend zu verständigen".
Heil erwartet "Abend der Taten"
Die SPD-Spitze hingegen erwartet von den Beratungen der Koalitionsspitze am Montag konkrete Beschlüsse über langwierige Streitfragen. Die SPD gehe fest davon aus, dass es ein "Abend der Taten" werde, sagte Generalsekretär Hubertus Heil nach einer Präsidiumssitzung in Berlin.
Er gehe davon aus, "dass wir einigungswillig und einigungsfähig sind". Mit Blick auf den Post-Mindestlohn warnte Heil die Union jedoch davor, Abmachungen zu brechen. "Pacta sunt servanda", betonte der SPD-Generalsekretär. "Andernfalls würden wir ernste Probleme bekommen."
ALG I und Versicherungsbeitrag als Gesamtpaket
Er könne sich aber nicht vorstellen, dass sich Angela Merkel von getroffenen Vereinbarungen verabschiede, sagte er mit Hinweis auf die Koalitionsklausur in Meseberg im Sommer. "Ich gehe davon aus, dass es heute eine Einigung gibt."
Heil bekräftigte den Standpunkt, dass beim Arbeitslosengeld I nicht Jüngere gegen Ältere ausgespielt werden dürften und eine Verlängerung für Ältere aus den Überschüssen der Bundesagentur für Arbeit finanzierbar sei. Er machte deutlich, dass die SPD das ALG I zusammen mit der Senkung des Versicherungsbeitrags auf 3,5 Prozent und einem Erwerbstätigenzuschuss als "Gesamtpaket" betrachtet.
Bahn-Privatisierung weiterhin unklar
Keine Entscheidung ist offenbar bei der Bahn-Privatisierung zu erwarten. Dabei werde es am Abend "noch keinen Schuss aus der Hüfte" geben, sagte Heil. Er könne sich vorstellen, dass mehrere Modelle auf den Tisch kämen, die alle noch geprüft werden und sich an den vom SPD-Parteitag aufgestellten Kriterien messen lassen müssten.
Danach soll die Bahn vor Zerschlagung und "Heuschrecken"-Investoren geschützt und der interne Arbeitsmarkt erhalten werden. Wenn ein Modell diesen Kriterien entspreche, wäre es eine Möglichkeit; "wenn nicht, bleibt es bei unseren Modell", erklärte Heil. Dieses Volksaktien-Konzept bleibe auf dem Tisch.