Koalition:Beistand für Fischer

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In der Visa-Affäre haben sich Spitzen-Politiker von SPD und Grünen vor den unter Druck geratenen Außenminister Joschka Fischer gestellt.

Angesichts der Angriffe der Union auf Fischer sprach die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth am Montag nach einer Sitzung des Parteirats von einer "machtpolitischen Auseinandersetzung". Die rot-grüne Koalition lasse sich "nicht auseinander dividieren".

Der Grünen-Parteirat habe das Angebot Fischers begrüßt, frühestmöglich vor dem Visa-Untersuchungsausschuss auszusagen.

Roth verteidigte erneut die "weltoffene" rot-grüne Visa-Politik. Die Union habe mit "infamen Vorwürfen und haltlosen Diffamierungen" ein "unerträgliches Niveau" erreicht. Roth wies einen Zusammenhang zwischen dem so genannten Volmer-Erlass und den Missbrauchsfällen an der Botschaft in Kiew zurück. Fischer habe klargestellt, dass die Missbrauchsmöglichkeiten abgeschafft worden seien.

Fischer: Schleuserkriminalität schon vor Rot-Grün

Aucb Bundeskanzler Schröder stellte sich am Morgen vor der Sitzung des SPD-Präsidiums in Berlin klar hinter Fischer. Die gesamte Koalition unterstütze den Außenminister, sagte der Kanzler. "Wenn die Opposition glaubt, den Außenminister kippen zu können, dann irrt sie gewaltig." Sofern es bei der Visavergabe noch Fehler gebe, würden diese abgestellt.

Auch Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sagte, die Unterstützung der Koalition für Fischer stehe nicht in Frage. SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter sagte Fischer ebenfalls volle Rückendeckung auch durch die Sozialdemokraten zu.

Fischer selbst hob bei seiner Ankunft vor dem Grünen-Parteirat hervor, dass es aus seiner Sicht in der Visa-Affäre in erster Linie um eine "machtpolitische Auseinandersetzung" gehe. "Es ist ja nicht so, dass mit Rot-Grün Schleuserkriminaltiät begonnen hätte", stellte der Minister klar.

Vielmehr seien es der noch unter der CDU/CSU/FDP-Bundesregierung eingeführte Reiseschutzpass und das so genannte Reisebüroverfahren gewesen, die zu solchen Missständen geführt hätten. Ziele des so genannten Volmer-Erlasses seien es gewesen, Erleichterungen bei der Visa-Vergabe in Zusammenhang mit Wissenschaft, Familienzusammenführung und Wirtschaft zu schaffen.

Montag: Volmer-Erlass nicht zum Schleusen genutzt

Der Minister erinnerte daran, dass auch die Union früher für Erleichterungen eingetreten sei. Ihm lägen viele Eingaben von Abgeordneten mit der Bitte vor, im Zweifel für die Reisefreiheit zu entscheiden.

Der Obmann der Grünen im Visa-Ausschuss, Jerzy Montag, verwahrte sich aber erneut gegen den Vorwurf der Opposition, ein Erlass des früheren Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer, sei für den Visa-Missbrauch und die Schleuserkriminalität verantwortlich.

"Er wurde nicht genutzt", sagte der Obmann. Keiner der gefassten Kriminellen habe jemals direkt oder indirekt Bezug auf den Volmer-Erlass genommen. Sie hätten ausdrücklich auf das inzwischen abgeschaffte Reisebüroverfahren verwiesen, das die Visaerteilung möglich machte, ohne dass die Antragsteller bei der Botschaft persönlich vorsprechen mussten.

Merkel legt Fischer Rücktritt nahe

Dass Volmer inzwischen seine Fraktionsämter niedergelegt habe, sei eine Folgerung daraus, dass der Politiker nicht strikt zwischen seiner Tätigkeit in einer Firma und seinem Abgeordnetenamt getrennt habe. Das sei "nichts Strafbares" gewesen, sagte Montag, "aber es bleibt eine Verquickung". Der Schritt habe aber nicht mit Volmers Arbeit als Staatsminister im Auswärtigen Amt oder mit dem Erlass zu tun.

CDU-Chefin Angela Merkel legte Fischer wegen der Visa-Affäre indirekt den Rücktritt nahe. Nach Beratungen des CDU-Präsidiums verwies Merkel darauf, dass Fischer seinerzeit Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) "wegen viel geringerer Verstöße massiv aus dem Amt gedrängt" habe.

Die jetzt im Visa-Untersuchungsausschuss überprüften Vorgänge seien von einer ganz anderen Dimension. Merkel warf Fischer vor, von politischer Verantwortung nur zu reden, sie aber nicht zu übernehmen, sondern sie auf seine Mitarbeiter abzuwälzen.

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