Klimaziele der EU:Die Erfolgsformel 20-20-20

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Vor gut einem Jahr schwor die damalige EU-Ratspräsidentin Merkel die EU-Mitgliedstaaten auf ehrgeizige Klimaziele ein. Es ist nun an Sarkozy, der Absichtserklärung konkrete Ausführungsbestimmungen beizufügen.

Cerstin Gammelin

Ausgerechnet Angela Merkel hat der französische Präsident Nicolas Sarkozy die Zahlenkombination zu verdanken, an der sich der Erfolg seiner EU-Präsidentschaft mitentscheiden wird. Es sind die Ziffern 20-20-20. Sie stehen für die Klimaziele der EU - und für jede Menge Sprengkraft.

Bis zum Jahr 2020 sollen die Europäer zwanzig Prozent weniger Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre blasen als im Jahr 1990. Bis dahin soll auch der Anteil der erneuerbaren Energien auf zwanzig Prozent steigen. Vor gut einem Jahr gelang es der damaligen EU-Ratspräsidentin Merkel, die EU-Mitgliedstaaten auf das ehrgeizige Vorhaben einzuschwören. Wie die Last des ehrgeizigen Vorhabens verteilt werden würde, blieb seinerzeit allerdings offen.

Es ist nun an Sarkozy, der Absichtserklärung im Ringen mit den europäischen Partnern konkrete Ausführungsbestimmungen beizufügen. Die EU hat zudem angekündigt, zu den Verhandlungen für ein neues internationales Klimaschutzabkommen, die Ende 2009 in Kopenhagen stattfinden werden, mit einem ambitionieren Klimapaket anzureisen.

Welchen Sprengstoff jeder Versuch der Lastenverteilung birgt, war bereits in dem Streit um den CO2-Ausstoß von Autos zu besichtigen. Sechs Monate rangen Frankreich und Deutschland miteinander, um sich dann auf einen Kompromiss zu verständigen, der die Produzenten erst einmal als Gewinner dastehen lässt - und die Umwelt als Verlierer.

Gewinner und Verlierer

Das Energie- und Klimapaket geht weit darüber hinaus. Es hat das Zeug, Europa in Gewinner und Verlierer zu spalten. Denn der EU-Binnenmarkt ist zwar ein einheitlicher Wirtschaftsraum, die ökonomische Lage der einzelnen Staaten ist jedoch sehr unterschiedlich. Das jährliche Pro-Kopf-Einkommen schwankt zwischen 58.000 Euro (Luxemburg) und 7500 Euro (Bulgarien).

Das gleiche gilt für die CO2-Emissionen. Hoch sind sie in Polen, wo Energie vor allem mittels Kohle erzeugt wird. Staaten wie Frankreich oder Schweden nutzen dagegen Atommeiler oder Wasserkraftwerke und emittieren wenig CO2. Die Auflagen aus den Klimazielen treffen die Staaten folglich ganz unterschiedlich. Wenn Sarkozy an den Verhandlungstisch bittet, geht es also vor allem um Kosten, um Arbeitsplätze und den künftigen Energiemix.

Es geht um den Handel mit Zertifikaten und um ein Fördersystem für Energie aus Wind, Solarkraft und Biomasse. Indirekt geht es sogar um die umstrittene Kernenergie. Deren Zukunft wird auch davon abhängen, wie teuer der Emissionshandel die Kohleverstromung macht, und wie erfolgreich die erneuerbaren Energien politisch gefördert werden.

Sarkozy will den Sprengstoff im innereuropäischen Verteilungskampf auch mit einer außergewöhnlichen Personalie entschärfen. Der Däne Morgens Peter Carl, bisher Chef der Generaldirektion Umwelt in der EU-Kommission, ist für ein Jahr von seinem Brüsseler Amt beurlaubt worden und wechselt als Berater in den Élysée. Er soll dafür sorgen, dass bis Dezember ein europäisches Energie- und Klimapaket geschnürt werden kann. Carl kennt den 20-20-20-Plan gut. Er hat ihn geschrieben.

© SZ vom 30.06.2008/aho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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