Klimaprogramm der Bundesregierung:Streithähne Gabriel und Glos einigen sich

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Viele Wochen hat es gedauert, einen Tag vor der entscheidenden Kabinettsklausur ist es soweit: Das Umwelt- und Wirtschaftsministerium haben letzte Streitpunkte in der Klima- und Energiepolitik ausgeräumt.

Unmittelbar vor der Kabinettsklausur in Meseberg hat sich die Bundesregierung auf Eckpunkte für ein Klima- und Energieprogramm geeinigt. Damit soll sichergestellt werden, dass Deutschland das selbstgesteckte Ziel erreicht, bis 2020 insgesamt 40 Prozent weniger Treibhausgase als 1990 auszustoßen. Umweltminister Sigmar Gabriel sprach am Mittwoch in Berlin von einem "Quantensprung in der Klimapolitik".

Hinter dem Kirchturm der Gemeinde Sinnersdorf bei Pulheim qualmen die Schornsteine und Kühltürme des RWE-Braunkohlekraftwerkes Niederaussem. (Foto: Foto: dpa)

Kern des Programms ist nach Angaben aus dem Umweltministerium die weitere Förderung der umweltfreundlichen Energieerzeugung in Anlagen, die zugleich Strom und Wärme bereitstellen. Die Förderung dieser Kraft-Wärme-Kopplung soll auch künftig gefördert werden, und zwar mit 750 Millionen Euro im Jahr.

Nicht mehr in dem Programm enthalten ist die von Gabriel geforderte Bemessung der steuerlichen Absetzbarkeit von Dienstwagen nach dem Kohlendioxid-Ausstoß der Autos.

"Wir haben ein solches Paket noch nie in Deutschland verabschiedet, vor allem nicht so einvernehmlich zwischen Wirtschaftsministerium, Umweltministerium und Verkehrsministerium", sagte Gabriel. Auch der Außenminister sei beteiligt gewesen.

"Enormes Paket"

Während früher ganze zwei Millionen Tonnen des klimaschädlichen Kohlendioxids eingespart worden seien, nähere man sich jetzt einer Größenordnung, die bei weit über 200 Millionen Tonnen liegen werde. "Das ist schon ein enormes Paket."

Zum 40-Prozent-Minderungsziel sagte Gabriel: "Jetzt legen wir zum ersten Mal in Deutschland ein integriertes Klima- und Energiepaket auf den Tisch, und von den 40 Prozent schaffen wir schon 35 bis 36 Prozent mit diesem ersten Schritt." Weitere Schritte würden auf europäischer Ebene folgen.

Im Bundeshaushalt seien 2005 ungefähr 800 Millionen Euro für Klimaschutz eingestellt gewesen. "Das werden jetzt 2,6 Milliarden", erklärte der Umweltminister. Nach Berechnungen seines Hauses kostet das Klimaprogramm insgesamt rund 8,26 Milliarden Euro, bringt aber ein Nutzen von 15,5 Milliarden.

Gabriel erklärte, der Verbraucher müsse die Einzelmaßnahmen anschauen. Beispielsweise koste die Einführung von so genannten intelligenten Stromzählern bundesweit 600 Millionen Euro. "Aber Sie sparen 2,6 Milliarden Euro Stromkosten dabei." Die Einspareffekte seien zum Teil doppelt so hoch wie die Kosten. Die Zuschüsse im Gebäudebereich würden mehr als vervierfacht.

Weiter Kritik von Umweltverbänden

Die Kritik an dem Programm ebbte auch am Mittwoch nicht ab. Die Klima-Allianz forderte die Bundesregierung auf, auf der Klausur in Meseberg an diesem Donnerstag und Freitag substanzielle Änderungen zu beschließen. Georg Abel, Bundesgeschäftsführer der Verbraucher Initiative, erklärte, die Klimaschutzziele insgesamt würden durch den geplanten Ausbau der Kohlekraft torpediert.

Gerd Rosenkranz von der Deutschen Umwelthilfe sagte, besonders im Verkehrsbereich gebe es substanzielle Defizite: "Keine ökologische Orientierung des Dienstwagenprivilegs, kein Tempolimit, keine verbindliche Kennzeichnung oder Höchstverbrauchsstandards für Pkw, keine Maut für Nutzfahrzeuge ab 7,5 Tonnen und kein Wort zur Stärkung der Bahn."

Die Interessenvertretung der industriellen und gewerblichen Energiekunden (VIK) kritisierte, das Kabinett wolle über kostenträchtige Maßnahmen in Milliardenhöhe entscheiden, ohne eine vorzeigbare Kosten- und Nutzenanalyse vorzunehmen.

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