Klimakonferenz:Arbeit im Treibhaus

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In Bonn hat die Konferenz zum globalen Klimawandel begonnen. Noch sind die meisten Industriestaaten weit davon entfernt, das Kyoto-Protokoll zu erfüllen.

Wolfgang Roth

Bonn ist an diesem Montag wieder einmal Station auf dem mühsamen Weg der internationalen Staatengemeinschaft, den von Menschen beeinflussten Teil der Erderwärmung mit völkerrechtlich verbindlichen Vorgaben abzumildern.

Delegationen aus fast 200 Nationen tagen zwei Wochen lang, um die Basis für die nächste Klimakonferenz der Vereinten Nationen zu schaffen, die im November 2006 in Kenia stattfinden soll.

Die Klima-Karawane hat sich seit der letzten Konferenz im kanadischen Montreal in zwei Züge aufgespalten: Es sind einerseits jene Staaten, die nur die unverbindliche Rahmenkonvention von Rio aus dem Jahr 1992 anerkennen, darunter Australien und die USA.

Ihnen gegenüber stehen die Länder, welche das Kyoto-Protokoll ratifiziert haben, das den Industrieländern gemessen am Ausgangsjahr 1990 bis 2012 eine Reduzierung der Treibhausgase um fünf Prozent vorschreibt.

Mit dem Arbeitstreffen in Bonn soll ein Prozess beginnen, der auch für die Zeit nach 2012 verbindliche Zielmarken festlegt. Allerdings ist derzeit nicht abzusehen, ob die erste Phase überhaupt erfolgreich abgeschlossen wird.

Die Bilanz der klassischen Industriestaaten sähe niederschmetternd aus, wenn nicht der ökonomische Niedergang des ehemaligen Sowjetreichs in diesem Teil der Erde zu einem deutlichen Rückgang des Treibhausgases Kohlendioxid geführt hätte.

Expandierende Schwellenländer

Nicht nur die USA und Australien, auch Kanada, Japan und die meisten Staaten der Europäischen Union sind weit entfernt davon, das Kyoto-Protokoll zu erfüllen. Sieht man in der EU von den Beitrittsländern ab, gelingt dies nach heutigem Stand nur Großbritannien, Frankreich, Schweden und - mit einiger Anstrengung - Deutschland.

Erschwerend kommt hinzu, dass expandierende Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien den Kohlendioxidanteil in der Atmosphäre weiter nach oben treiben.

Schwellen- und Entwicklungsländer sind bisher nicht vom Protokoll erfasst, weil sie, pro Kopf der Bevölkerung gerechnet, nur einen Bruchteil der Treibhausgas-Menge beitragen, die in den Wohlstandsgesellschaften erzeugt wird.

In absoluten Zahlen sieht das anders aus. Deshalb steht auch in Bonn auf der Tagesordnung, wie mit Hilfe der reichen Staaten und mit moderner Technik verhindert werden kann, dass sich die armen Länder auf ähnlich klimagefährdende Weise entwickeln wie ihre vermeintlichen Vorbilder.

Andernfalls kann der globale Temperaturanstieg nie auf einem Niveau gehalten werden, das die meisten Wissenschaftler gerade noch als beherrschbar ansehen - maximal zwei Grad Celsius. Dazu müsste der Ausstoß der Treibhausgase aber bis 2050 halbiert werden.

Dahin ist noch ein weiter Weg, wenn der deutsche Umweltminister Sigmar Gabriel mit seinen Kollegen aus Kanada und Kenia die Bonner Tagung eröffnet. Eines der brisantesten Themen ist der internationale Flugverkehr, der rapide zunimmt und das Klima weiter aufheizt.

Bisher ist noch jeder Versuch gescheitert, das Treibhausgaspotenzial der Luftfahrt statistisch zu erfassen und den jeweiligen Staaten zuzuordnen. Ob es wenigstens auf EU-Ebene gelingt, den Flugverkehr in den Handel mit Treibhausgas-Lizenzen einzubeziehen, ist fraglich.

© SZ vom 15. Mai 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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